Neue Late-Night-Show Wie Harald Schmidt auf den Bildschirm zurückkehrt

Köln (RP). Das Konzept der Sendung hat einen Bart: "Der bleibt", sagt Harald Schmidt, "in der Regionalpresse trägt mich das bis zum Frühjahr." In der neuen Show, die schlicht "Harald Schmidt" heißt und ab 17. September wöchentlich um 22.45 Uhr in der ARD läuft, wird Schmidt wohl vor allem der alte sein.

Das neue Team von Harald Schmidt
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Das neue Team von Harald Schmidt

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Ein Stuhl, ein Schreibtisch, ein Gast und ein paar junge Gehilfen als Studio-Dekoration, Helmut Zerlett darf ein bisschen Musik dazu machen. "Es ist ganz einfach: Was mich interessiert, ist Thema in der Show", sagt Schmidt, der mit rund einer Million Zuschauern rechnet.

Die müssen nach den Wünschen des Entertainers allerdings gewisse Voraussetzungen mitbringen. Sein neuster subversiver Akt sei nämlich, den Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ernst zu nehmen: Kein Boulevard, keine Bücher bewerbenden B-Promis. "Wer nicht weiß, wer Ronald Pofalla ist oder womit das Theater am Schiffbauerdamm groß geworden ist, wird es schwer haben", kündigt Schmidt an.

Für die beiden ersten Sendungen hat er sich den Textilfabrikanten Wolfgang Rupp (guter ARD-Werbekunde) und Theater-Regisseur Claus Peymann als Gäste geladen. In der Dienstwagen-Affäre wäre er auf der Seite von Ulla Schmidt gewesen, erklärt Schmidt Journalisten in Köln: "Ich mache ja nicht so'n kleines Blatt, das kurz vor dem Abnippeln steht und sich denkt: Kippe ich mal nen Eimer Dreck auf Seite eins, dann schaffe ich noch über den Sommer".

Dass klassische Late Night nicht an einem einzigen Tag in der Woche funktioniert, ist sowohl Schmidt als auch der ARD klar, die sich bis 2011 aneinander gebunden haben. Aus dem Team, das Schmidt für die Sendung angeheuert hat, könnten vielleicht Ko-Moderatoren für die restlichen Abende der Woche entstehen. Mit dabei sind unter anderem Katrin Bauerfeind (27), die von 2005 bis 2007 die tägliche Kölner Internet-Show "Ehrensenf" moderierte und anschließend bei 3sat mit einem monatlichen Pop-Magazin unterkam. Neu an Bord ist FAZ-Feuilleton-Redakteur Peter Richter (36), der im Online-Auftritt der Zeitung gelegentlich mit satirischen Video-Beiträgen auffällt. Wird die Woche zwischen den Sendungen im Internet überbrückt? "Ich sehe keinen Grund, sich der Hysterie zu beugen. Info ist Ware, die gibt es nur gegen Bezahlung. Zentrale Aufgabe der Sendung ist ja, den Kapitalismus zu verteidigen."

Harald Schmidt hat im Fernsehen alles durch, was man machen kann. Am besten kann er "Harald Schmidt". Seine Kunst besteht darin, in einem sekundengenau durchgeplanten Medium die kostbare Sendezeit mit nichts zu füllen. Der Zyniker Schmidt verachtet das Fernsehen keineswegs, der Satiriker Schmidt nimmt es lediglich nicht ernst. Entsprechend scheiterte Harald Schmidt in seiner TV-Karriere an allen Formaten, die seinen Witz, seine waffenscheinpflichtige Eloquenz und seine Schlagfertigkeit auch nur gefühlt einengten.

Am drastischsten trat seine Unbrauchbarkeit für "normale" Fernsehunterhaltung zutage, als Harald Schmidt von 1992 bis 1995 das Flaggschiff des ARD-Humors, die Samstagabend-Show "Verstehen Sie Spaß?", mit Vollgas in den Quotenkeller fuhr. In regelrechter Moderationsverweigerung stellte Schmidt statt der Streiche mit versteckter Kamera sich selbst in den Vordergrund, seine satirischen Einlagen ließen die Mehrheit des Publikums ratlos zurück.

Wenn Schmidt Fernsehen macht, vertreibt er vor allem sich selbst die Zeit — und keinem sieht man dabei lieber zu als ihm. Keiner ist vor der Kamera publikumswirksamer schlecht gelaunt oder regelrecht gelangweilt als er. Wie geht es ihm jetzt, kurz vor dem Start? "Bei mir ist der Wunsch, wieder Blut zu trinken da. Also eigentlich sehr ausgeglichen."

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