Lagerfeuer Wie das Fernsehen uns verbindet

Seit Jahren stimmen Medien-Experten den Abgesang auf das Fernsehen an. Zu alt, zu doof und dem Internet hoffnungslos unterlegen. Die Skepsis lässt sich problemlos mit Zahlen untermauern. Doch Psychologie und subjektive Erfahrungen zeigen: Das Fernsehen ist immer noch das Lagerfeuer, um das wir uns scharen und Geschichten erzählen. Bester Beleg dafür ist unser Rückblick auf die TV-Momente des Jahres.

Die TV-Momente 2013
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Die TV-Momente 2013

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In dem wunderbaren Film "The Descendants" mit George Clooney gibt es eine einmalig anrührende Schlussszene: Der Familienvater Matt King findet darin nach aufwühlenden Tagen voller Kummer Trost vor dem Fernseher. Seine Frau ist gerade verstorben. Mit seinen Töchtern kuschelt er sich nun auf die Couch, gemeinsam sind sie unter eine Decke geschlüpft. Und schauen eine Tier-Doku.

Vor dem Fernsehen findet in dem Streifen von Alexander Payne eine zerrissene Familie zusammen. Es löst keine Konflikte. Aber es schafft ein Miteinander. Selten wurde das so deutlich wie in diesem Film aus dem Jahr 2012.

Bei ARD und ZDF sind Zuschauer im Schnitt 60

Die Szene steht im Kontrast zum Urteil von Medien-Experten, das die Branche im Grunde schon seit seit Erfindung des Internets aufwühlt. Das Handelsblatt diagnostizierte im Frühjahr eine Sinnkrise, "Internet saugt Zuschauer aus dem TV ab", titelte noch im November die "Welt" unter Berufung auf das Grimme-Institut.

Demnach ist das Fernsehen ein Medium von gestern. Die Zuschauer werden immer älter: 64 Jahre alt ist er im Durchschnitt beim Bayerischen Rundfunk, bei ARD und ZDF sieht es mit einem Schnitt von 60 nicht viel besser auf. Die Jungen gucken sich Inhalte lieber im Internet an. Der Trend geht dabei eindeutig in Richtung Individualität und Individualität. Moderne Mediennutzer schalten ein, was sie wollen und wann sie wollen.

Am liebsten immer noch vor der Glotze

Zum Bedeutungsverlust trägt auch ein Phänomen namens "Second Screen" bei. Immer häufige nutzen Zuschauer vor dem Fernseher ein zweites Gerät mit Bildschirm, also Tablet oder Smartphone. Annähernd jeder Dritte macht das schon so, hieß es zuletzt in einer repräsentativen Erhebung. Für die Fernsehmacher ist dies problematisch. Denn geteilte Aufmerksamkeit der Zuschauer läuft auf Sicht auch auf geteilte Werbebudgets hinaus.

Doch dem steht ein anderer Erfahrungswert entgegen: Noch immer kann das Fernsehen Massen mobilisieren wie kein zweites Medium. Die Abrufquote, für die ein erfolgreiches Youtube-Video Tage braucht, sammelt ein Top-Event im TV in wenigen Sekunden ein. Und noch etwas: Die Glotze ist unverändert Lieblingshobby Nummer eins. Mit Abstand, auch wenn das Internet aufholt.

Raab, Plasberg und Lanz sind Quoten-Garanten

Der Stellenwert des Fernsehens spiegelt sich auch bei RP ONLINE. Anhand der Abrufzahlen von Texten lässt sich ablesen, was die Besucher unserer Seite interessiert. Dabei zeigt sich immer wieder aufs Neue: Fernseh-Geschichten zählen fast immer zu denen mit der größten Resonanz. Dabei spielt kaum eine Rolle, ob Raab, Lanz oder Plasberg dahinter stehen.

Der Schluss, dass das Lagerfeuer noch längst nicht erloschen ist, liegt damit auf der Hand. Am Ende ist es immer noch die Hebelwirkung des Massenmediums TV, das Popularität verleiht und Aufmerksamkeit bündelt. Hinzu kommt: Das Internet erweist sich oftmals als kongeniale Ergänzung. Dort finden die TV-Events ihren Resonanzboden.

Die TV-Momente des Jahres

Beispiele gibt es zuhauf: Jede einzelne Folge von "Breaking Bad" wurde in US-Blogs auseinandergenommen und in sozialen Netzwerken diskutiert. Jede vergeigte Pointe von Markus Lanz findet sich umgehend bei Twitter wieder. Keine andere Kollision zwischen einem Journalisten und einem Parteivorsitzenden wurde so eingehend analysiert und kommentiert wie die zwischen ZDF-Moderatorin Marietta Slomka und SPD-Chef Sigmar Gabriel zu bester Sendezeit.

Anlass genug für eine angemessene Würdigung. In unserem Rückblick erinnern wir an die denkwürdigsten TV-Momente des Jahres 2013. Ein paar Überraschungen dürften darin trotz aller Popularität des Mediums immer noch zu finden sein.

Alle unsere Texte zum Jahresrückblick finden Sie nach und nach hier.

(pst)
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