Fußballreporter Werner Hansch - die Stimme des Reviers

Dortmund (rpo). Mit Herz und Bauch dabei - das könnte das Motto des Sportreporters Werner Hansch sein. Leidenschaft am Mikro ist sein Markenzeichen, er bringt die Emotionen aus dem Fußballstadion in die Wohnungen seiner Zuschauer und Hörer. Doch der Weg des 66-Jährigen, der ihn in die Sprecherkabinen der Fußballtempel führte, war alles andere als vorbestimmt.

 Seinen Lieblingsverein verrät er nicht: Sportreporter Werner Hansch.

Seinen Lieblingsverein verrät er nicht: Sportreporter Werner Hansch.

Foto: ddp, ddp

"Ich komme von ganz unten, bin geboren in Recklinghausen-Süd. Süd ist ganz wichtig", erzählt der Radio- und TV-Mann. Vier Zechen vor der Haustür schränkten damals die Berufsaussicht stark ein. Wäre es nach dem Vater gegangen, hätte der Sohn seine Brötchen als Elektriker auf dem Pütt verdient. Jemand anderes hätte Sätze wie "Das ist ein geiles Tor" in die Wohnzimmer Fußball-Deutschlands gebrüllt. Doch der junge Hansch nervte seinen Vater so lange, bis er nicht zur Zeche, sondern aufs Gymnasium durfte.

 Fußball ist seine Welt - Hansch im Westfalenstadion in Dortmund.

Fußball ist seine Welt - Hansch im Westfalenstadion in Dortmund.

Foto: ddp, ddp

Hansch machte Abitur, studierte Jura und Neuere Geschichte. Statt auf schmutzigen Kohlen wollte er sich lieber auf edlem Parkett bewegen, sah seine Zukunft nicht im Schatten der Fördertürme pechschwarz, sondern rosarot im diplomatischen Dienst.

Es war im fünften Semester, als innerhalb von vier Wochen die Eltern starben. Die akademische Ausbildung wurde zweitrangig. Hansch landete dort, wo er nicht enden wollte: auf dem Pütt unter Tage. Rückblickend eine wertvolle Erfahrung. "Daher habe ich die Schwielen an den Händen", sagt Hansch und zeigt seine großen Handflächen, die von harter Arbeit zeugen.

Über einen Freund kam Hansch später, mittlerweile Lehrer geworden, zur Pressearbeit auf die Pferderennbahn Recklinghausen. Der Sprecher der Rennbahn erkrankte, Hansch kommentierte die Rennen und wurde förmlich zur Institution.

Auch als Stadionsprecher in Gelsenkirchen machte sich Hansch einen Namen, wenn auch unbeabsichtigt. Als es auf der Rennbahn brannte, vertrat er den Schalker Stadionsprecher. Seine Mannschaftsankündigung "Mit der Startnummer Eins: Norbert Nigbur" war damals für ihn peinlich, ist heute jedoch legendär. Pferde haben Startnummern, Fußballer nicht.

Es kam wie es kommen musste, das Radio wurde auf die lockere Art und die markante Stimme des Revierburschen aufmerksam. Am 4. November 1978 ging der Mann aus Recklinghausen erstmals auf Sendung. Preußen Münster spielte in der 2. Liga gegen Leverkusen. Das Spiel endete im Chaos, es gab vier rote Karten, doch am Ende hatte Werner Hansch seine Feuertaufe bestanden.

14 Jahre blieb er dem Hörfunk treu. "Das Fernsehen ist mein Beruf, aber der Hörfunk meine große Liebe." Dort kann er alles geben, seine ganze Persönlichkeit in die Reportagen legen. "Je besser das gelingt, desto bunter sind die Bilder in den Köpfen der Hörer." Sätze wie "Nein, liebe Zuschauer, das ist keine Zeitlupe. Der läuft wirklich so langsam" oder "Dressels Beitrag zum Mozartjahr: Ein Foul aus dem Knöchelverzeichnis" machten ihn zu einem der bekanntesten und beliebtesten Sportreporter - mit Wiedererkennungswert.

Was auch immer er macht, Hansch bleibt authentisch. Nichts ist einstudiert, meistens kommt alles aus dem Bauch. "Ich weiß, dass 50 Prozent sich freuen, wenn ich am Mikro sitze, und die restlichen schalten ab. So erreiche ich schließlich doch 100 Prozent", rechnet er vor. Und zitiert Friedrich Nietzsche: "Der Inhalt ist nicht das Wichtigste, sondern die Art und Weise, wie etwas gesagt wird." Denn die Leute hören, was sie hören wollen.

Dem sprachgewaltigen Kommentator wurde immer wieder vorgeworfen, parteiisch zu sein. "Nach einem Spiel Schalke gegen Bayern gab es die Beschwerde, ich würde ganz klar Mitglied bei Schalke sein, und gleichzeitig schrieb ein anderer Zuschauer zu dem gleichen Spiel, ich stünde wohl bei den Bayern auf der Gehaltsliste. Was soll ich denn da machen?" Kein Wunder also, dass er seinen Lieblingsverein lieber für sich behält. "Mein Grundsatz war immer, Distanz zu dem Geschehen zu haben." Schön sei jedoch, wenn wenigstens einer der Klubs aus dem Pott ganz oben mitspielt.

Distanz hilft dem bodenständigen Sat.1-Mann aus dem Revier, nicht abzuheben. Eine gewisse Popularität ist sicher schön, aber beim Metzger nicht warten zu müssen, nur weil er der Mann aus dem Fernsehen ist, wäre ihm unangenehm. Fußball und das damit verbundene Fantum kann, da ist sich Hansch sicher, schnell den Blick auf das Wesentliche verschleiern. "Die Leute sollten öfter die Politik beeinflussen. Das wäre häufiger nötig", sagt er.

(afp)
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