SPD-Kanzlerkandidat zu Gast in TV-Show "Eins gegen Eins" Wenn Steinbrück jemand in den Hintern treten will

Düsseldorf · Peer Steinbrücks Wahlkampf lief bislang nicht immer glücklich. In der Sat.1-Show "Eins gegen Eins" versuchte der SPD-Kanzlerkandidat nun, die Jungwähler von sich zu überzeugen. Und das tat er: mit Expertise, indem er zuhörte und auch mal Hilfe anbot. Und er verteidigte den emotionalen Auftritt mit seiner Frau Gertrud gegen Kritiker mit deutlichen Worten.

 Peer Steinbrück mit "Eins gegen Eins"-Moderator Claus Strunz.

Peer Steinbrück mit "Eins gegen Eins"-Moderator Claus Strunz.

Foto: Andre Kowalski

Zu Beginn der Sendung lief es noch etwas holprig. Da wusste Steinbrück etwa nicht, wer der Rapper mit der Pandamaske ist ("Ich kenne Bushido, aber sonst...), oder kannte das Jugendwort Yolo nicht. Doch Steinbrück verteidgte sich, sagte: "Ich bin in ihrer Welt nicht zu Hause." Er sei zwei Generationen weiter, aber das bedeute nicht, dass er keinen Sinn für die Probleme von jungen Menschen habe. Und bei "jungen Themen" wie dem Durchschnittsgehalt eines Lehrlings im Osten wusste Steinbrück durchaus Bescheid.

Der erste Punkt für den SPD-Kanzlerkandidaten, der in der Sendung vor allem die jungen Menschen von sich überzeugen sollte. Diejenigen, die ihn in einer vorher gezeigten Umfrage oft mit Bundespräsident Joachim Gauck verwechselten — was er übrigens als Kompliment sah. Steinbrück steigerte sich von Frage zu Frage und konnte mit Argumenten überzeugen.

Junge Wähler befragten ihn zur Ganztagsschule, zum Mindestlohn, zur Agenda 2010 — all jene Dinge, für die die SPD steht oder die sie in ihrem Wahlprogramm aufgeschrieben hat. Klar, dass Steinbrück hier inhaltlich auf der sicheren Seite war. Und er konnte auch so manche Kritik oder Skepsis der Fragenden ausräumen. Einer jungen Frau, die sich vom Jobcenter nicht genügend unterstützt fühlt, bot er an, sie zu begleiten.

Sitzenbleiben als Sympathiepunkt

Es waren diese Momente, in denen der Politiker versuchte zu zeigen, dass er durchaus der "Mensch Steinbrück" ist. Als eine Umfrage zeigte, dass sich 72 Prozent der Jugendlichen für einen Mindestlohn aussprechen, versuchte Moderator Claus Strunz, Steinbrück aus der Reserve zu locken. "Solche Zahlen kennen sie nicht, 72 Prozentz Zuspruch?"

Doch Steinbrück ließ sich weder hier noch an anderer Stelle provozieren, versuchte eher, das Publikum einzubinden, fragte in die Runde, wer denn einen unbefristeten Arbeitsvertrag hätte. Kaum eine Meldung kam, die meisten in der Runde waren aber wohl noch in der Ausbildung.

Steinbrück brillierte, indem er leicht verständliche Aussagen machte, indem er Beispiele nannte. Etwa auch, dass Menschen, die mal versagen, eine zweite oder dritte Chance bräuchten wie eben mit der Ganztagsschule — hätte er sie als Sitzenbleiber nicht bekommen, stünde er heute nicht hier, betont er. Dieses Sitzenbleiben bringt ihm dann auch bei manchem Frager Sympathiepunkte ein.

Auch bei Twitter gab es entsprechend bei den wenigen Kommtaren zur Sendung vor allem Lob. "Absolut überzeugender Steinbrück" hieß es da oder auch, dass die Fragen des Moderators "wie Elfmetervorlagen" für den SPD-Kandidaten wirken müssten. Und tatsächlich gelang es Strunz mit seinen Nachfragen nicht einmal, Steinbrück aus der Reserve zu locken. Auf die Frage, ob er immer noch eine Koalition mit den Grünen anstrebe, entgegnete der Kandidat mit seiner schlagfertigen Art: "Ja, was dachten sie denn?"

"Denen trete ich in den Hintern"

Die 30 Sekunden der freien Rede nutzte Steinbrück dann dazu, nicht für seine Partei zu werben, sondern mit einem Appell an die Nichtwähler. Bei der Flut, so schließt er, hätten sie so viel Engagement gezeigt, das sollten sie beibehalten. Danach gab es großen Applaus, und auch die zuvor kritisch fragenden Jugendlichen mussten eingestehen, dass Steinbrück sie zu großen Teilen überzeugt habe.

Als ihn der Moderator schließlich noch nach seinem tränenreichen Auftritt mit seiner Frau Gertrud auf dem SPD-Parteikonvent befragt und Strunz auf Kritik anspricht, dies sei inszeniert gewesen, wird Steinbrück für ihn typisch deutlich. "Denen trete ich in den Hintern", die das behaupteten. Seine Frau habe in dem Moment einen Nerv in seiner Seele berührt. Und auf den Aspekt, mancher sage, dass eine Führungskraft auch in einem solchen Moment Fassung bewahren müsse, entgegnet er: "Warum soll ich Emotionen nicht zeigen, wenn jemand meine Seele berührt?"

Steinbrück weiß, dass ihm dieser Auftritt Pluspunkte beschert hat und das lässt er sich nun auch nicht in der Sat.1-Sendung nehmen. Im Übrigen, so sagt er noch auf die Frage von Claus Strunz, werde man diesen emotionalen Steinbrück nicht sehr oft sehen bis zur Wahl — "denn das wäre geschauspielert".

(das)
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