ZDF-Doku "Die Getriebenen" Wenn Politik zur Sucht wird

Berlin · Die ZDF-Doku"Die Getriebenen" zeigt die Schattenseiten der Berufspolitik. Menschen, die an die Schmerzgrenze gehen. Die Filmemacher haben dafür ein Dutzend Spitzenpolitiker vor die Kamera geholt – darunter den CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach und den SPD-Mann Peter Danckert.

ZDF-Doku "Die Getriebenen": Wenn Politik zur Sucht wird
Foto: Miserius, Uwe

Die ZDF-Doku"Die Getriebenen" zeigt die Schattenseiten der Berufspolitik. Menschen, die an die Schmerzgrenze gehen. Die Filmemacher haben dafür ein Dutzend Spitzenpolitiker vor die Kamera geholt — darunter den CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach und den SPD-Mann Peter Danckert.

So offen sprechen Abhängige selten über ihre Sucht. Erst recht nicht, wenn es sich um die Droge Politik handelt. In diesem Geschäft geht es um Popularität und Anerkennung, nicht um Schwäche oder Abhängigkeit. "Dann stehst du vor der Frage, unbekannt zu werden", sagt Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken, über den Moment, in dem alles vorbei sein könnte. Der Schweiß glänzt auf seiner Stirn, die Kamera fährt noch näher ran. Oder Peter Danckert, der SPD-Abgeordnete, der am Redepult im Bundestag einen Schlaganfall erleidet. Und in der Reha nur daran denkt, dass das "nicht das Ende meiner beruflichen Karriere" sein kann.

Dies sind nur zwei der Höhepunkte in der eindrucksvollen TV-Dokumentation "Die Getriebenen". Die Filmemacher haben dafür knapp ein Dutzend Spitzenpolitiker vor die Kamera geholt, ungewohnt offen und persönlich sprechen sie darüber, warum sie nicht loslassen können. Warum sie das Handy nicht für eine Stunde aus der Hand legen. Warum selbst eine Krebsdiagnose nicht ihren Rückzug aus der Politik auslöst.

"Ich kenne die Diagnose", sagt der rheinische CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach, der an Prostatakrebs leidet. "Aber ich liebe meinen Beruf." Politiker, die buchstäblich bis an die Schmerzgrenze gehen. Weil sie sich ein Leben außerhalb ihres Zirkels nicht mehr vorstellen können, "nicht mehr resozialisierbar" wären, wie es der frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen in dem Film ausdrückt.

Ohne Floskeln, ohne Phrasen

Nur zwei Tage vor der Bundestagswahl setzt das ZDF mit dieser Dokumentation einen kraftvollen, eindringlichen Kontrapunkt zu dem Wust an oberflächlichen und krawalligen Wahlkampf-Talkshows.

Düster inszeniert, durchbrochen nur von schwarz-weißen Momentaufnahmen aus dem Bundestagsalltag, begleitet von sparsamen Klaviertönen, besticht der Film durch seine Zurückgenommenheit. Politiker reden vor der Kamera. Ohne Floskeln. Ohne Phrasen.

Hans-Christian Ströbele etwa, der 74-jährige Grünen-Idealist, der gegen den Prostatakrebs kämpft, erneut für den Bundestag kandidiert und einräumt, dass er es sich "nicht leisten kann", unerreichbar zu sein. Die junge CSU-Politikerin Dorothee Bär, die zugibt, "angefixt" worden zu sein. Sie kenne keinen Kollegen, der nicht mit seinem Körper Schindluder betreibe. Und wofür all das? "Ich will die Welt verändern", sagt der Grüne Ströbele. Carstensen sieht es nüchterner: "Macht ist geil."

Das ZDF zeigt die Doku "Die Getriebenen" Freitagnacht um 0 Uhr.

(brö)
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