"Tatort: Die Wacht am Rhein" Wehrlos gegen die Bürgerwehr

Köln · Wieder ein Flüchtlings-"Tatort": Doch dieser ist heftig, weil die Story so nah an der Realität ist. Eine Bürgerwehr, die sich die "Wacht am Rhein" nennt, patrouilliert in ihrem Stadtteil. Dort ist der Anteil der Nordafrikaner groß – und die Angst der Einwohner umso größer.

"Tatort": Szenen aus "Wacht am Rhein"
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Szenen aus dem "Tatort: Wacht am Rhein"

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Foto: ARD

Wieder ein Flüchtlings-"Tatort": Doch dieser ist heftig, weil die Story so nah an der Realität ist. Eine Bürgerwehr, die sich die "Wacht am Rhein" nennt, patrouilliert in ihrem Stadtteil. Dort ist der Anteil der Nordafrikaner groß — und die Angst der Einwohner umso größer.

Der "Tatort" soll die aktuellen Gesellschaftsthemen spiegeln - und momentan scheint es kaum ein anderes als Flüchtlinge zu geben. Sechs "Tatort"-Fälle drehten sich in den vergangenen 16 Monaten um das Thema. In den ersten drei Monaten des neuen Jahres sind es nach Ankündigungen der Sender mindestens drei - und besonders geballt ist es im Januar. So handelte bereits der erste Fall 2017 "Land in dieser Zeit", der am vergangenen Sonntag aus Frankfurt kam, ein Flüchtlingsthema ab. Und an diesem Sonntag müssen sich die Zuschauer nicht umgewöhnen. Die Kölner machen inhaltlich mit dem Fall "Wacht am Rhein" weiter - wenngleich er wesentlich härter ausfällt.

Die Kölner "Tatort"-Ermittler knüpfen damit in gewissem Sinne auch an die Arbeit der echten Kölner Polizei nach der Silvesternacht an. Die Szenerie, die dort beschrieben wäre, könnte sich tatsächlich in Folge des immer stärker werdenden Angstgefühls vieler Bürger so entwickeln. Und gerade das macht den Fall so sehenswert und gleichzeitig so beklemmend. Denn dieses Szenario wird bis zum Ende mit allen Konsequenzen ausgemalt - und die sind wirklich erschreckend.

Eine Bürgerwehr, die sich die "Wacht am Rhein" nennt, patrouilliert in ihrem Stadtteil, und dabei erinnert das Kölner Viertel ziemlich an Düsseldorf-Oberbilk. Der Anteil der Nordafrikaner dort ist groß. Die Angst der langjährigen Einwohner ist umso größer. Die Zahl der Einbrüche ist sprunghaft gestiegen. Nun will man sich gegen "die Kriminellen" schützen. Und wenn die Polizei nicht genug tut, so die Botschaft, dann macht man es eben auf eigene Faust. Und tatsächlich ereignet sich in einer Nacht während der Patrouille ein Überfall auf ein Zoofachgeschäft, bei dem der Sohn des Besitzers erschossen wird, der Täter ist offenbar ein junger Marokkaner.

Zugleich Opfer und Täter

Der Chef der Bürgerwehr (stark: Sylvester Groth) nutzt die Situation für seine Interessen und will die Nachbarschaft bei einer Mahnwache für das Mordopfer aufwiegeln. Der geschürte Hass und der Wunsch, den Täter dingfest zu machen, sind so groß, dass sich einige Bürger verrennen und selbst gefährlich werden. Fast jeder, der in diesem Fall auftritt, ist in irgendeiner Weise zugleich Opfer und Täter.

Der Fall gibt die derzeitigen gesellschaftlichen Spektren gut wieder: Da ist die Mutter, die sich in der eigenen Stadt unsicher fühlt. Da sind die Rechtspopulisten, die die Besorgnis der Bürger ausnutzen. Und da sind die "Gutmenschen", die davor warnen, alle Flüchtlinge über einen Kamm zu scheren. Nach vielen drastischen Szenen, darunter auch Folter, zeigt sich am Ende: Es gibt keine einfachen Antworten.

"Tatort: Die Wacht am Rhein", DasErste, So., 20.15 Uhr

(broo)
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