Düsseldorf Vom Lebensretter zum Gejagten

Düsseldorf · Tobias Moretti gerät als Rettungssanitäter zufällig in die zwielichtigen Kreise eines Waffenhändlers.

Freddy (Tobias Moretti) und Emile (Fahri Yardim) fahren immer gegen die Zeit. Kommt der Notruf, rasen die Rettungssanitäter los und retten Leben. Im besten Fall. Auch als Generalstaatsanwalt Montgomery (Fritz Karl) in seinem Auto angeschossen wird, sind sie zur Stelle. Kurz bevor er bewusstlos wird, drückt er Freddy den Schlüssel für ein Bahnhofsschließfach in die Hand. Darin findet der Sanitäter eine Tasche mit mehreren Millionen Kongo-Franc. Als ihn dann auch noch eine Informantin auf der Flucht vor dem Auftragskiller in die dunklen Geschäfte des Waffenhändlers Otto Schlesinger (Uwe Ochsenknecht) einweiht, gerät Freddy ins Visier der Kriminellen.

Für "Die Geisterfahrer" hat sich Regisseur Lars Becker offenbar gründlich in das Milieu der Rettungssanitäter eingearbeitet. Statt Lebensretter-Idylle zeigt er den wenig glorreichen Alltag, den sich die Männer mit trockenen Sprüchen vom Leib halten. "Tote haben ein Scheißgewicht, die hängen durch wie ein nasser Sack", konstatiert Emile, als er sich nach einem Einsatz umzieht. Sätze wie dieser fallen nebenbei – ohne anschließende Kunstpause für eventuelle Lacher.

Realität ist Beckers Stärke. Von Anfang an verzichtet er auf Rückblenden, Vorgriffe und sonstigen Regiezirkus. Lässt die Waffenhändler im italienischen Genua fiese Pläne schmieden, die Sanitäter im verregneten Hamburg schuften – und führt die Figuren im Laufe des Films zusammen. Szenen wie die, in der ein Ex-Krimineller Emile erst die Faust ins Gesicht rammt und den Sanitätern später auf einmal großzügig Geld zusteckt, weil sie seinen Sohn vor dem Erstickungstod durch Chickenwings gerettet haben, hätte es allerdings nicht gebraucht.

Wenn es um Leben und Tod geht, geraten Dialoge schnell zu belangloser Emotions-Pampe. "Geisterfahrer" entkommt dem Dilemma, weil er die Geschichte über seine Charaktere erzählt: Moretti als erfahrener, aber alltagsmüder Sanitäter ist für das Menschliche von Angst bis Hoffnung zuständig. Yardim, der Unverbrauchte, fürs rasante Krankenwagenfahren (siehe Titel) und die nötige Komik. Drama, Krimi, Thriller und Komödie wirft Becker in seinem Film gnadenlos zusammen. Das ist nicht schlimm und nicht willkürlich – das ist das Leben.

(RP)
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