Thomas Hermanns Vom Comedian zum Kultur-Conferencier

Der ehemalige Kopf des Quatsch Comedy Clubs moderiert jetzt "Westart live". Ein Gespräch über die Kulturlandschaft NRW.

Thomas Hermanns: Vom Comedian zum Kultur-Conferencier
Foto: dpa

Herr Hermanns, viele Zuschauer kennen Sie als Gastgeber des Quatsch Comedy Clubs oder als Moderator der deutschen Vorentscheidung des Eurovision Song Contest. Ab heute moderieren Sie "Westart live" im WDR. Passt so eine seriöse Kultursendung denn überhaupt zu Ihnen?

Thomas Hermanns Aber total. Was viele Menschen, die mich nur von der Comedy kennen, nicht wissen: Ich habe in meiner Karriere auch ganz viele andere spannende Dinge gemacht wie Musicals inszeniert oder Bücher und Drehbücher geschrieben. Zudem lasse ich mich unglaublich gerne von Kultur begeistern. Ich bin jemand, der eigentlich jede Woche ins Theater, auf Konzerte und in Museen geht und sich alles anguckt. Dabei halte ich die Trennung zwischen E-Kultur (ernsthafte Kultur) und U-Kultur (Unterhaltungskultur) längst für überholt.

Was meinen Sie damit?

Hermanns Diese Aufteilung gibt es so nur in Deutschland und sonst nirgendwo auf der Welt. Und schon gar nicht in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo ich nach meiner Studienzeit sehr prägende Jahre verbracht habe. So ist es in New York ganz normal, dass Journalisten der "New York Times" und des "New Yorker" auch über Off-Theater oder Stand-Up-Comedy schreiben. Deshalb habe ich nie verstanden, dass in Deutschland so eine Unterscheidung gemacht wird. Und warum Wagner automatisch besser als Popmusik sein soll, oder der Comedian anders als der Performance-Künstler gesehen wird.

Wie begreifen Sie dann Kunst?

Hermanns Ich sage immer gern: Ich habe ein barrierefreies Kulturverständnis. Das kann alles sein vom Sprayer bis zur Konzertpianistin, von einer Buchautorin bis zu einem Liedermacher. Und das Tolle an "Westart live" ist, dass ich sie alle auf diese Couch kriege. Dort können sich ganz ungewöhnliche Konstellationen ergeben wie ein überraschendes Duett zwischen zwei Künstlern. Ich sehe die Sendung als einen Salon, in dem ich mit interessanten Leuten diskutiere, was in NRW gerade kulturell passiert.

Die Sendung als Salon?

Hermanns Ja. Ich bemühe mich, dass die Gäste, die sich nicht kennen, miteinander ins Gespräch kommen. Ich schaue dann, dass sich alle wohl fühlen, dass jeder, der mag, ein Glas Alkohol bekommt und wir dann entspannt die richtigen Themen besprechen. Und wie bei einer guten Party soll man am Ende nicht mehr merken, wer der Gastgeber war.

Sie wohnen schon lange in Berlin. Wie kommt es, dass Sie nun eine Kultursendung in Nordrhein-Westfalen moderieren?

Hermanns Ich habe unglaublich viele Verbindungen zu NRW. Ich bin in Bochum geboren, meine ganze Familie kommt aus der Gegend zwischen Aachen und Düren. Wenn ich familiäre Heimat beschreiben soll, dann ist es diese Ecke. Und in Düsseldorf habe ich "Kein Pardon", das erste Musical, das ich geschrieben habe, inszeniert. Das waren 18 sehr spannende Monate.

Was macht die Kulturlandschaft in NRW aus?

Hermanns Nirgendwo auf der Welt gibt so viele Theater und Museen in dieser Konzentration wie in NRW, die sich so schnell und einfach mit Bus und Bahn erreichen lassen. Und gerade Sprech- und Tanztheater sind hier besonders innovativ. Man denke nur an die Ruhrtriennale oder die Schauspielhäuser in Düsseldorf und Dortmund. Gleichzeitig sind die Menschen sehr offen für Neues.

Was meinen Sie damit?

Hermanns Wir sind hier nicht in München, Bayreuth oder Salzburg, wo Kunst oft sehr versnobt und elitär daherkommt. In Nordrhein-Westfalen wird es dagegen nicht so streng gesehen. Hier durchmischen sich Kunstgenres, und es gibt weniger Berührungsängste. Das passt sehr gut zu mir.

JORIS HIELSCHER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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