"ProSieben Völkerball Meisterschaft" Früher war mehr Wumms

Köln · Auch wenn man das blöde Abwerfspiel als Schulkind hasste: Irgendwie erschien es einem im Rückblick doch spannender und amüsanter als das, was ProSieben am Samstagabend veranstaltete. Da helfen auch Busenwitze nicht, echt.

Die Sieger der ersten Völkerball Meisterschaft von Pro Sieben: Christian Tews, Aurelio Savina, Paul Janke, Sarah Nowak, Angelina Heger und Alina Persch.

Die Sieger der ersten Völkerball Meisterschaft von Pro Sieben: Christian Tews, Aurelio Savina, Paul Janke, Sarah Nowak, Angelina Heger und Alina Persch.

Foto: ProSieben

Ganz verbürgt kann man natürlich nicht sagen, wie Stefan Raab den gestrigen Samstagabend verbracht hat. Die Wahrscheinlichkeit legt aber nahe, dass er auf einem sehr bequemen Sofa lag, sich mit einer riesigen, sehr weichen Quaste den Bauch pinselte — und "Die große ProSieben Völkerball-Meisterschaft" schaute. Und hinterher mit der festen Gewissheit wohlig einschlief, dass ihn viele Zuschauer sehr vermissten.

Denn die knapp fünfstündige Ballwerferei, das erste große Sport-Show-Event in der TV-Ära nach Raab, war über weite Teile so qualvoll langweilig und trist, dass man sich fast eine dieser fiesen dunkelbraunen Medizinkugeln aus dem Sportunterricht mit Wucht gegen den Dez gewünscht hätte, um aus dem Zuschau-Tran gerissen zu werden.

48 so genannte Promis (darunter Bernhard Brink, Nico Schwanz, Mario Basler, Heike Drechsler und René Weller) traten dabei in mitunter extrem willkürlich gewählten Teamzusammenstellungen an — gefühlt die Hälfte der Teilnehmer hätten durch ihre Madenfress-Vergangenheit mit vollster Berechtigung ebenfalls im Team "Dschungel" mitspielen können, das von Thorsten Legat angeführt wurde und mit Menderes Bagci immerhin den amtierenden Dschungelkönig in ihren mittelbegabten Reihen führte.

Auch die Mannschaft, in der operativ verschlimmbesserte Ramschprominenz wie Gina-Lisa Lohfink, Tatjana Gsell und die unvermeidliche Micaela Schäfer mit dem Ball hantierten, hätte problemlos weitere umgeschnippelte Kandidaten aus den anderen Teams rekrutieren können.

Die Mannschaft der OP-Opfer hieß übrigens "Natürliche Schönheit", und das war etwa das Witzniveau, auf dem die Sendung operierte. Die einzigen Witzversuche der unlustigen Kommentatoren Schmiso und Icke Dommisch bestanden in der pennälerhumorigen Gleichsetzung von Busen und Spielgerät, etwa, als die operativ aufgepumpte Sophia Wollersheim abgeworfen wurde: "Schade, jetzt haben wir zwei Bälle weniger."

Noch mehr Höhöhö gab es, als diverse ehemaligen "Bachelor"-Kandidatinnen bei ihren Ausweichbewegungen dafür gelobt wurden, dass sie ihre "Beine schön breit" gemacht hätten. Und die ältliche Begrüßung der Mannschaft "Internet", die aus Youtubern wie Kelly MissesVlog, Concrafter und Sophia Thiel bestand, rundete den schwitzonkeligen Eindruck ab: "Der eine oder andere wird sich fragen, was sind denn das für Leute? Die sind erfolgreich!", staunte das Kommentatoren-Duo. 2016 sagt: Herzlich willkommen, ihr Blitzmerker.

Auch die Moderatoren Thore Schölermann und Esther Sedlaczek lieferten Überleitungen von der Knackigkeit alter Erdnussflips, humorlos wie seinerzeit die dröge Sportlehrerin. Höhepunkt der Schülermannschen Moderationskunst nach ersten Paarungen, als einem zuhause langsam dämmerte, wie unlustig das Ganze werden könnte: "Das waren schon krasse Spiele, ne?" Man sehnte sich nach Elton, nach Frank Buschmann — ja, sogar nach Steven Gätjen.

Zumal auch die Kandidaten größtenteils nicht den Biss und die Motivation ausstrahlten, den man sonst so von den Raabschen Events kannte. Vor allem in den ersten Partien waren Abwürfe gar nicht nötig, weil ohnehin ständig irgendwer die Linie des Spielfeldes übertrat und daraufhin regelgemäß vom Feld gestellt wurde. Gerade das Team "Dschungel" tat sich hier besonders hervor.

Und auch abseits des Feldes gaben sich die Promis größtenteils spröde, nur Botox-Boy Florian Wess gelang ein seltener Witz, als er beschied: "Wenn ich beschädigt bin, kann man das immer reparieren", als sei der Schönheits-OP-Veteran eher Cyborg als Mensch. Schön auch die quiekenden Angstschreie von Julian F. M. Stoeckel, wenn er von der gegnerischen Mannschaft über das Feld gehetzt wurde. Und dass Team "Bachelor", in dem Züngel-Veteranen wie Paul Janke und Angelina Heger spielten, ausgerechnet von einem Mundwasser-Hersteller gesponsert wurden, war auch durchaus lustig.

Ansonsten erschienen einem die Spiele — obwohl ein Satz nur zweieinhalb Minuten dauerte und nur zwei Gewinnsätze nötig waren — mitunter endlos. Vielleicht hätte man ein paar Extra-Regeln einführen können, etwa ein Bonuspunkt für den Abwurf eines bestimmten, vorher festgelegten Kandidaten — zumal Mario Basler und Giuila Siegel zu Beginn ohnehin finster raunend angekündigt hatten, ganz bestimmten Konkurrenten gezielt ordentlich einen Ball an die Birne schmettern zu wollen. Je länger das Turnier vor sich hin dümpelte, dachte man zuhause auch immer intensiver über Feld-Schikanen wie ferngesteuerte Falltüren nach.

Erste Spannung kam dann überraschend doch noch kurz nach Mitternacht auf, als es an die Qualifikation fürs Halbfinale ging und sich das Team "Natürliche Schönheit" gegen die versammelte Bachelorschaft einen entscheidenden dritten Satz ertrotzte. Das Finale bestritten dann freilich doch die ehemaligen Rosenverteiler und die jungen Youtuber, und dieses Match machte dann tatsächlich ein paar Minuten lang richtig Spaß — das war allerdings ein fieser Schnitt, wenn man die bizarre Länge der Show bedenkt. Fürs Protokoll: Am Ende siegen die Bachelors.

Wenigstens der Musikverantwortliche bewies reichlich Humor, als er erst Menderes in der Werbepause, unter Ausschluss des TV-Publikums und nur für die Hallenmenschen singen und dann Revolverheld mit einem mehr als passenden Song auftreten ließ, dessen erste Zeilen man gerne mitsang: "Hallo, hallo, bist du auch so gelangweilt?"

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