Betriebsrat rechnet mit Schließung Viva: "Ablauf Kommunikation Betriebsschließung"

Hamburg/Berlin (rpo). Beim Musiksender Viva in Köln gehen die Lichter aus. Nachdem sich Betriebsratsvorsitzender Thomas Diekmann am Freitag erstmals öffentlich geäußert hat, deutet alles auf ein nahendes Ende hin: "Die Indizien sprechen dafür", sagte er auf Anfrage.

Viva-Jubiläum: Riesenfete in Köln
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Foto: ap

Seit Tagen verdichteten sich die Hinweise, dass dem früheren MTV-Konkurrenten der Hahn abgedreht wird. Im neuen - stets als vorläufig angekündigten - Sendeplan sind bisherige Zuschauerzugpferde nicht mehr berücksichtig.

So wird die "Sarah Kuttner Show" auf alle Fälle nicht mehr wie bisher fünf Mal die Woche laufen, das Magazin "Interaktiv" wird durch die News-Show "Siebzehn" ersetzt. Charlotte Roches Sendung "Fast Forward" wird ganz eingestellt. Und auch die "Viva News" werden zum Jahresanfang eingestampft, um "auf anderen Plattformen" behandelt zu werden, ließ Viva verkünden.

Kündigungswelle im Februar?

Trotz der Änderungen erfuhren die Mitarbeiter in Köln bislang nichts Konkretes. Auf einer Betriebsversammlung am Donnerstag habe Noch-Viva-Chef und Gründer Dieter Gorny lediglich darauf verwiesen, dass die neuen Eigentümer Viacom nach der Hauptversammlung im Februar und dem In-Kraft-Treten des so genannten Beherrschungsvertrags Entscheidungsbefugnis hätten, sagte Diekmann und fügte hinzu: "Bis Mitte Februar wird nix passieren." Dann aber rechnet er mit einer Kündigungswelle.

Der Betriebsratschef geht davon aus, dass Viacom erst einmal allen 192 Mitarbeitern kündigen wird. Für den Betrieb einer Viva-Hülle, die mit Videoclips und billigen US-Reality-Formaten gefüllt werden könnte, würden dann einige Mitarbeiter übernommen. Der Betriebsrat schätzt, dass dafür lediglich zwischen fünf und zehn Prozent der bisherigen Viva-Crew notwendig sind. Und aus der Berliner MTV-Deutschland-Zentrale sei bereits verlautet, dass ohnehin nur 25 bis 30 Leute noch Platz hätten.

Sollte sich Diekmanns Prognose bewahrheiten, hätte sich der deutsche Markt der Musikkanäle selbst bereinigt - durch eine nicht gerade freundliche Übernahme. Als MTV dank Viacom im Sommer Viva dazukaufte, versicherte der Präsident von MTV Networks International, Bill Roedey, der deutsche Musik-TV-Markt sei der größte außerhalb der USA und außerordentlich wichtig für das Unternehmen. "Ich sehe hier ein enormes Wachstumspotenzial", verkündete er vollmundig.

Und MTV-Europe-Geschäftsführerin Catherine Mühlemann versicherte, von der Übernahme würden sowohl MTV als auch Viva profitieren. Für das Publikum sollte die Fusion eine größere Bandbreite des Musikangebots versprechen.

Werbekunden verunsichert

Die Werbekunden reagieren auf die Diskrepanz zwischen Ankündigung und Realität offenkundig verunsichert. Die "Financial Times Deutschland" zitierte am Freitag einen "Mitarbeiter", demzufolge die Werbeeinnahmen im vierten Quartal dieses Jahres unter den Erwartungen liegen. Und in der Vermarktung seien die Sekundenpreise für Werbezeiten bei Viva und MTV schon identisch. Dies wäre ein weiteres Indiz für die Verschmelzung der Sender.

Viva-Zugpferd Charlotte Roche verhandelt laut "Kölner Stadtanzeiger" sicherheitshalber schon mal mit MTV über die Fortsetzung ihrer Sendung beim früheren Konkurrenten.

Und auch Gorny selbst ließ bereits unfreiwillig seine Perspektive durchsickern. Laut Zeitung "Die Welt" schickte er vergangene Woche per Intranet eine Mail an die Mitarbeiter. Diese habe versehentlich den Titel getragen: "Ablauf Kommunikation Betriebsschließung"

(afp)
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