Nachruf auf Nichelle Nichols Die Frau, die mehr als nur Uhura war

Los Angeles · Nichelle Nichols ist tot, aber die von ihr dargestellte Funkerin Uhura in „Raumschiff Enterprise“ mit Captain Kirk und Mister Spock ist unsterblich. Nachruf auf eine Frau mit vielen Talenten, der die reale Raumfahrt viel zu verdanken hat.

 Die Künstlerin ihre Paraderolle: Nichelle Nichols als Funkoffizierin Uhura auf der Kommandobrücke der „Enterprise“.

Die Künstlerin ihre Paraderolle: Nichelle Nichols als Funkoffizierin Uhura auf der Kommandobrücke der „Enterprise“.

Foto: dpa/Chris Pizzello

Im Jahr 1932, als Nichelle Nichols noch ein Baby im Bauch ihrer Mutter war, besuchte eines Abends der Bruder von Al Capone ihr Elternhaus. Als Vergeltung für die Razzia in einem illegalen Nachtclub des Mafiosos sollte der Bürgermeister des Örtchens Robbins in Illinois nahe Chicago sterben. Die Gangster waren überzeugt, dass Samuel Nichols zunächst lange hohes Schmiergeld kassiert und sie dann verraten hatte. Der Legende nach blaffte Nichols die Verbrecher an, er habe ihr schmutziges Geld nie angenommen und wäre auch lieber gestorben, als es zu tun. Daraufhin bliesen die Mafiosi die geplante Hinrichtung ab, schwer beeindruckt von der Chuzpe von Nichols’ Eltern – ihre Mutter hatte zwischen ihrem Babybauch und einem Kissen eine scharfe Pistole versteckt gehalten. Laut Nichols’ Autobiografie „Beyond Uhura“ zog Capone ab, kopfschüttelnd, lachend und mit einem Kompliment an ihre Mutter.

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Die Nichols‘ waren eine ungewöhnliche Familie; Nachkommen von Sklavenhaltern und Sklaven, in Liebe vereint. Nichelle Nichols‘ Großvater war stolz darauf, deshalb von seiner Familie verstoßen und enterbt worden zu sein. Diese Attitüde definierte zeitlebens auch Nichelle Nichols selbst. Am Samstag starb die zuletzt an Demenz erkrankte Künstlerin im Alter von 89 Jahren nach einer unterbelichteten Karriere zwischen Gesang, Tanz und Schauspiel.

Mit ihren Hinterbliebenen trauern vor allem „Star Trek“-Fans sowie die afroamerikanische Community. Als Funkerin Uhura auf dem legendären „Raumschiff Enterprise“ war sie 1966 eine Pionierin: Es war eine der ersten Hauptrollen einer afroamerikanischen Frau überhaupt. Nach damaligen Maßstäben revolutionär spielte Nichols die Fachfrau für Kommunikation mit Selbstbewusstsein, Charme und einer nie billigen Art unterschwelliger Erotik. Selbst mit dem sprichwörtlich unterkühlten Mister Spock unterhielt sie einen Dauer-Flirt.

Nichols war dankbar für den Job, zugleich aber müde des mehr oder weniger offenen Rassismus und Sexismus in Hollywood. So zog es sie nach dem Ende der ersten Staffel Anfang 1967 zurück zu ihren großen Lieben Tanz und Gesang. Vor „Star Trek“ hatte sie mit Größen wie Duke Ellington, Sidney Poitier und Sammy Davis Junior gearbeitet.

Hinzu kamen private Tragödien; noch vor ihrem 19. Geburtstag war sie verheiratet und getrennt, Mutter geworden und bei der Geburt beinahe gestorben. Später wurde sie bei einer Auftrittsreise Opfer eines Vergewaltigungsversuchs und auch eine zweite Ehe scheiterte. Sie hatte vieles aufzuarbeiten. Und kündigte.

Nur einen Tag später traf sie einen Mann, der sich als ihr größter Fan vorgestellt hatte. Als sie ihm von ihrer Kündigung berichtete, „verschwand das Lächeln von seinem Gesicht“, erinnerte sie sich. „Er sagte: ‚Sie verstehen nicht. Das können Sie einfach nicht tun. Zum ersten Mal werden wir so gesehen, wie wir gesehen werden sollten. Sie spielen nicht die Rolle einer Schwarzen. Sie spielen eine Gleiche unter Gleichen.‘“ Der Mann war Martin Luther King. Nichols nahm ihre Kündigung zurück und blieb an Bord des Raumschiffs „Enterprise“, für 50 weitere Folgen und sechs „Star Trek“-Kinofilme. Parallel dazu drängte sie bei der Nasa auf mehr Diversität in der echten Raumfahrt und inspirierte eine Vielzahl späterer Astronauten.

Kate Mulgrew, die knapp 30 Jahre nach Nichols‘ erstem Auftritt den ersten weiblichen Raumschiffkapitän im „Star Trek“-Universum spielte, schrieb: „Nichelle Nichols war die Erste. Eine Vorreiterin, die einen sehr herausfordernden Weg meisterte, und das mit Schneid, Anmut und einem umwerfenden Feuer, das wir so wohl nie wieder sehen werden. Ruhe in Frieden.“ Weiter lebt sie im Herzen vieler Fans und in einem nach ihr benannten Asteroiden.

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