"Junge Freiheit" Verfassungsgericht gibt radikaler Zeitung Recht

Karlsruhe (rpo). Die rechtsgerichtete Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit" hat vor dem Bundesverfassungsgericht einen Erfolg erstritten. Das Blatt war mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorgegangen und berief sich dabei auf die Pressefreit. Das Gericht gab der "Jungen Freiheit" Recht.

Das Bundesverfassungsgericht hob Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Oberverwaltungsgerichts Münster auf, die die Aufnahme des Blattes in den Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen gebilligt hatten. Dadurch werde die "Junge Freiheit" in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit verletzt, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Die Verwaltungsgerichte sahen in zahlreichen Beiträgen der als "rechtsextremistisch" eingestuften Zeitung Anhaltspunkte für die Zielsetzung, tragende Strukturprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Das Verfassungsgericht wies die Sache nun an das Verwaltungsgericht Düsseldorf zurück. Dieses muss jetzt "erneut prüfen, ob die tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen" ausreichen.

Durch die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht würden die Wirkungsmöglichkeiten der 1986 gegründeten "Junge Freiheit" nachteilig beeinflusst, betonten die Bundesverfassungsrichter. Potenzielle Leser könnten davon abgehalten werden, die Zeitung zu erwerben. Es sei auch "nicht unwahrscheinlich", dass Inserenten, Journalisten oder Leserbriefschreiber deshalb die Zeitung boykottieren.

Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei zu beachten. Für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung und die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht müssten "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" vorliegen. "Die bloße Kritik an Verfassungswerten reicht nicht aus", unterstrich der Erste Senat. Die Meinungs- und Pressefreiheit lasse auch eine kritische Auseinandersetzung mit Verfassungsgrundsätzen zu.

Nicht genug Hinweise auf Verfassungsfeindlichkeit

Falls sich aber aus Meinungsäußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ableiten ließen, dürften Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. Dabei könnten auch einzelne Zeitungsartikel zur Begründung herangezogen werden. Auch Artikel, die die Mitglieder der Redaktion nicht selbst verfasst haben, dürften einbezogen werden.

Die Begründung der Fachgerichte, warum die herangezogenen Artikel Ausdruck der verfassungsfeindlichen Bestrebungen von Verlag und Redaktion und nicht nur ihrer Autoren sein sollen, genüge aber nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Die Verwaltungsgerichte seien irrig davon ausgegangen, die "Junge Freiheit" könne allein deshalb nicht als "Markt der Meinungen" verstanden werden, weil sie nur für das rechte politische Spektrum offen stehe. Von der Pressefreiheit sei auch die Entscheidung erfasst, ein Forum nur für ein bestimmtes politisches Spektrum zu bieten, dort aber den Autoren große Freiräume zu gewähren.

Die Verfassungsbeschwerde des "Junge Freiheit Verlags" war von dem zum national-liberalen Flügel der FDP gehörenden früheren Generalbundesanwalt Alexander von Stahl verfasst worden.

(afp)
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