Hamburg Ein Krimi wie eine antike Tragödie

Hamburg · Regisseur Lars Becker zeigt in "Unter Feinden" den Absturz eines drogensüchtigen Polizisten.

Eigentlich ist es ein Routinejob: Die Polizisten Erich Kessel (Fritz Karl) und Mario Driller (Nicholas Ofczarek) observieren im Hamburger Rotlichtviertel St. Pauli einen Verdächtigen. Neben dem Auto der Beamten spielen einige Jugendliche Basketball.

Als der heroinsüchtige Kommissar Kessel nervös wird, kommt es zu einer Rangelei. Als die Situation eskaliert, gibt Kessel Gas und überfährt einen Dealer. Sein Kollege und Freund Driller fällt eine schwierige Entscheidung — und tut ab jetzt alles, um den Unfall zu vertuschen.

Das gelungene TV-Krimidrama "Unter Feinden" nach dem gleichnamigen Roman hat Regisseur Lars Becker, der seit Jahren für Qualität bürgt, in starke Bilder übersetzt. Für das ZDF betreut der 59-Jährige als Autor und Regisseur seit 2003 die Krimireihe "Nachtschicht". Daneben dreht der Wahl-Hamburger, der sich auch als Krimiautor einen Namen gemacht hat, seit seinem Debütfilm "Schattenboxer" (1992) immer wieder kleine, lakonische Krimis, die mit den Standardformaten wenig zu tun haben.

Ironie oder lustige Sprüche findet man in Beckers Neo-Noir-Dramen ebensowenig wie gemütliches Lokalkolorit, und statt der ewig gleichen TV-Gesichter kommen bei ihm oft weniger bekannte, aber dennoch profilierte Schauspieler zum Einsatz. In "Unter Feinden" spielen die kaum bekannten Österreicher Fritz Karl und Nicholas Ofczarek das ungleiche Ermittlerpaar, den drogensüchtigen Kessel und seinen philosophischen Kollegen. Als Driller das Unfallopfer anonym im Krankenhaus abliefert, kommt seine Frau Maren (Birgit Minichmayr) ins Spiel. Die Krankenschwester ahnt schnell, dass mit Kessel einiges nicht stimmt.

Die unerbittliche Staatsanwältin Soraya Nazan (Melika Foroutan) hat längst beide Beamte ins Visier genommen. Da kann auch deren jovialer Vorgesetzter (Bernd Stegemann) nichts mehr für seine Ermittler tun. Mit der gnadenlosen Logik einer antiken Tragödie nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Dazu sieht man nicht den Elbstrand oder die schicke Außenalster, sondern schäbige Hinterhöfe oder billige Absteigen. Hamburg kann sehr kalt sein.

"Unter Feinden", Arte, 20.15 Uhr

(dpa)
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