Strack-Zimmermann bei Markus Lanz „Ich bin nicht dafür, schwere Waffen in die Ukraine zu schicken“

Düsseldorf · Markus Lanz serviert Brisanz: Die Verteidigungsexpertin der FDP nimmt Stellung zur Ukraine-Politik, Sahra Wagenknecht klärt über Impfungen und Putin auf und Rostocks Bürgermeister hat genug von der Bürokratie. Und: Warum meckern die Deutschen eigentlich mehr als die Dänen?

 Bei Markus Lanz diskutieren am Abend im ZDF Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Sahra Wagenknecht, Claus Ruhe Madsen und Kristina Dunz.

Bei Markus Lanz diskutieren am Abend im ZDF Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Sahra Wagenknecht, Claus Ruhe Madsen und Kristina Dunz.

Foto: Screenshot ZDF

Darum ging es

Markus Lanz nahm sich am Abend im ZDF eine Führungsfrage vor: Wie steht es um die Ukraine und Russland? Zwei Politikerinnen, ein Bürgermeister und eine Journalistin übten sich außerdem in Vergangenheitsbewältigung zur deutschen Gesundheitspolitik. Weitere Fragen: Was läuft in Dänemark besser, und: sollten Gerhard Schröder die Altersbezüge gestrichen werden?

Die Gäste

Der Talkverlauf

Sahra Wagenknecht ist weiter ungeimpft und frisch von einer mild verlaufenen Covid-Infektion genesen - Einstieg zu einer weiteren Debatte zu Impfpflicht, Genesenenstatus und Lockerungen. Die Linken-Politikerin kritisiert: „Ich glaube, niemand versteht diese Regeln mehr.“ Und in dem Punkt gibt ihr Bürgermeister Madsen recht: „Die Politik muss klare Ansagen machen, sie dann aber auch umsetzen“, sagt der gebürtige Däne, der seinem Ärger über die Bürokratie Luft macht: In seinem Rostocker Impfzentren stünde Wände mit Umzugskisten voller Papier zu Impfdaten, die per LKW abtransportiert würden. So viel Papier - nur weil Angst über den Datenschutz auf digitaler  Ebene herrsche, lamentiert er und fragt: Was wenn so eine Kiste mal vom Laster fällt?

Während der Bürgermeister immer noch keine verlässlichen Daten über die Impfsituation in Rostock habe, sollten seine Ämter derzeit aber zugleich Bürgerinnen und Bürger ihre Papier-Führerscheine gegen Plastik austauschen. Wieso läuft das nicht digital, will er wissen und verspricht: „In zwei Jahren machen wir das in einer App.“ In digitalen Angelegenheiten spreche Deutschland immer vom Aufholen, „aber wir sprechen nie davon, wie werden wir Nummer eins.“

Lanz freut sich über die Lektion des Rostockers und möchte ihn am liebsten nächste Woche gleich wieder einladen. Denn Madsen hat noch mehr Erfrischendes parat:  Als er kürzlich in Dänemark war und ab 22 Uhr kein Alkohol mehr verkauft wurde, seien alle in der Schlange ohne zu Murren heimgegangen. In Deutschland wäre das kaum so klaglos hingenommen worden. Aber im extrem gut geimpften Dänemark sei seiner Ansicht nach in der Pandemie von Anfang an klarer kommuniziert worden, zugleich sei es immer mehr um ein Miteinander gegangen. Im Vergleich mit Skandinavien sei Deutschland eine andere Welt: „Wir haben hier Menschen sehr viel Angst eingejagt und wenig motiviert“, schaut er zurück: Es sei mehr über Verbote als über Angebote gegangen. Für ihn heiligt der Zweck die Mittel: Dass sich in Rostock Bürgerinnen und Bürger für ein Helene Fischer Konzert haben impfen lassen, findet er völlig okay.

Lanz geht in die Vergangenheitsbewältigung und will wissen: „Wann wurde eigentlich in Deutschland angefangen zu meckern?“ Madsen kritisiert den Kommunikationsstil der Regierung, Marie-Agnes Strack-Zimmermann eher die Regierten. „Das Meckern kam ganz früh, schon als der erste Impfstoff da war“, blickt die FDP-Frau zurück und ergänzt: „Was mich überrascht, ist dass wir eine erstaunlich renitente Gesellschaft geworden sind.“

Führungsfragen diskutiert Lanz auch im zweiten Teil seiner Sendung:  War das nun geschickt, den Ukrainern derzeit 5.000 Militärhelme zu versprechen? Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages findet es „kommunikativ eher unglücklich“. Das Hilfsangebot sei im Prinzip aber keine Nachricht wert, sagt Marie Agnes Strack-Zimmermann und kritisiert die Debatte darüber als zynisch. Sinnvoller sei nach Ansicht der Düsseldorferin, sich darauf zu konzentrieren, was jetzt passiere: 130.000 Soldaten stehen an der ostukrainischen Grenze, gleichzeitig werde eine Übung in Weißrussland vorbereitet und gleichzeitig ist Schwarzmeerflotte aktiviert: „Das ist schon eine ernste Situation“, sagt Strack-Zimmermann, denn auch die Logistik sei in Bewegung. Da müsse der Westen durchaus „in Habachtstellung gehen.“

Es dürfe nicht vergessen werden, dass seit 2014 immer noch ein „nie deklarierter Krieg“ in der Ostukraine stattfinde, der bereits mehr als 12.000 Todesopfer gefordert habe. Dieser Krieg sei völlig aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten. Eine klare Ansage macht Strack-Zimmermann zu möglichen Waffenlieferungen: „Ich bin nicht dafür, schwere Waffen in die Ukraine zu schicken.“ Wenn Deutschland etwas liefern solle, dann eher logistische Hilfe, etwa um im Notfall Verletzte schnell zu transportieren.

Wagenknecht hat wenig für die Position der FDP-Frau übrig und verteidigt Russlands Sicherheitsinteressen. Die Rhetorik werde immer mehr angeheizt, sie glaube auch, „dass es eine hochgefährliche Situation ist“, aber man müsse die Vorgeschichte sehen und die Ausdehnung der Nato bis an die russischen Grenzen.  „In fünf Minuten“ sei eine Rakete in Petersburg, die Nato habe sich geweigert, Russland Garantien zu geben, kritisiert sie. Strack-Zimmermann sieht das völlig anders: „Putin hat doch keine Angst vor der Nato“, sagt sie, keiner im Westen wolle Krieg. „Putin hat Angst vor der Macht der Freiheit“, erklärt sie und davor, dass eine Generation heranwachse, die sich dem Westen zuwende.

Kristina Dunz hält für problematisch, dass sich der Bundeskanzler in der derzeitigen Situation „lange im Ungefähren gehalten hat“. Olaf Scholz sei offenbar „noch dabei sich im neuen Amt zu finden“, und müsse nun erst nach Washington, ehe er nach Moskau könne.

Die Politikerinnen von FDP und Linkspartei finden nach viel Streit zuletzt aber sogar eine Gemeinsamkeit. Als Lanz nach Gerhard Schröders Rolle fragt, drischt Strack-Zimmermann verbal auf den Ex-Kanzler ein: der Chef-Lobbyist würde zum Konflikt über Öllieferungen und Gaspreise extrem „unreflektiert schwadronieren“, das gehe gar nicht. „Ich fände ganz spannend, dem ehemaligen Bundeskanzler die Apanage zu streichen“, sagt sie, da er offensichtlich auf dem Weg sei, vor allem russische Interessen zu vertreten. Mit der Idee kann sich auch Wagenknecht anfreunden, vielleicht nicht nur speziell für Gerhard Schröder aber insgesamt: „Dann müsste an ein generelles Gesetz schaffen, dass Bundeskanzler und Minister sich nicht danach für Wirtschaftsunternehmen und gegen ihr Land verdingen dürfen.“

(juju)
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