Letzte Sendung von Peter Kloeppel Der Anchorman lichtet den Anker

Düsseldorf · Seit 1992 präsentiert Peter Kloeppel die Hauptnachrichten bei RTL. An diesem Freitag führt er zum letzten Mal durch die Sendung. An Dienstjahren hat er schon jetzt die Granden der Öffentlich-Rechtlichen überholt.

Martin Bewerunge
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Klassisch und kompetent: Peter Kloeppel im Studio von RTL Aktuell.

Foto: dpa/Oliver Berg

Früher, als es hierzulande nur drei Fernsehprogramme gab, war die Nachrichtenwelt so überschaubar wie die Anzahl derer, die sie präsentierten. Von 1959 bis 1987 las Karl-Heinz Köpcke in der „Tagesschau“ der jungen Fernsehnation die Meldungen vor. Von 1974 bis 1998 zählte ARD-Kollege Wilhelm Wieben zu den Sprechern, die mit dem noch immer populärsten TV-Format zum gemütlichen Teil des Tages in den bundesdeutschen Wohnzimmern überleiteten. Es waren Männer, die mit sonoren Stimmen und unbewegten Minen ihren Ausführungen Authentizität verliehen, Abend für Abend, Jahr für Jahr, Dekade für Dekade. Das öffentlich-rechtliche Publikum störte sich nicht an dieser Kontinuität, im Gegenteil.

1992 aber dann tauchte ein junger Mann bei den Privatsendern auf, der locker und dennoch seriös eine bunte Mischung relevanter News präsentierte. Peter Kloeppel hieß der neue Chefmoderator von „RTL Aktuell“, ein Typ, wie sich Mütter einen Schwiegersohn wünschen, spätestens, nachdem ein Foto von ihm die Runde machte, auf dem der gebürtige Frankfurter fröhlich seine Hemden selber bügelt. Aber auch Väter, die mit den Köpckes und Wiebens der rheinischen Republik sozialisiert worden waren, schienen geneigt, diesem Sunnyboy Glauben zu schenken und den TV-Kanal zur besten Nachrichtenzeit zu wechseln. Dass Kloeppel, was die Dauer der Dienstzeit angeht, allerdings einmal die alten Granden von der Konkurrenz in den Schatten stellen würde, das hätte er sich damals wohl im Leben nicht gedacht.

Jetzt ist es aber soweit. Der Anchorman lichtet den Anker, am 23. August sagt er Tschüss. „Ende August ist meine letzte Sendung“, sagte der 65-Jährige dem „Stern“. 32 Jahre lang, knapp sein halbes Leben, ist er dann das seither wenig gealterte „Gesicht“ des Fernsehsenders gewesen, zusammen mit der Sportjournalistin Ulrike von der Groeben (66), die ebenfalls zum Moderatoren-Urgestein gehört und gemeinsam mit Kloeppel aufhören wird.

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Foto: dpa/Janis Röhlig

Frecher, krawalliger, trashiger – und wesentlich unprofessioneller als die etablierten Anstalten suchten die Macher des 1984 noch unter dem Namen RTL-Plus gestarteten Privatsenders in der Anfangszeit nach neuen Zielgruppen im TV-Publikum. Kloeppel und von der Groeben gelang es dennoch, das Schmuddel-Image beträchtlich zu reduzieren. Das lag auch daran, dass der Anchorman keine Nerven zeigte, wenn es einmal brenzlig wurde – obgleich er im „Stern“-Interview offen zugibt: „Ich habe wiederkehrende Albträume, es ist 18.45 Uhr, und ich merke: Ich bin nicht im Studio, sondern ganz woanders. Oder ich komme in die Sendung und der Prompter ist nicht geladen, meine sind Zettel nicht da.“

Doch als am 11. September 2001 islamistische Terroristen das Word Trade Center in New York pulverisierten, improvisierte Kloeppel hochprofessionell eine siebenstündige Moderation am Stück, was ihm später den Grimme-Preis einbrachte. RTL sendete bereits dramatische Bilder aus Amerika, als in der ARD noch ein Tierfilm lief. An ein „ziemlich dilettantisches Vorgehen“ erinnerte sich Ulrich Wickert, der an diesem Tag im Studio des „Ersten“ den Hut aufhatte und sich mehr schlecht als recht durchwurschtelte.

Am 30. März 1992 moderierte Kloeppel erstmals „RTL Aktuell“. Zum Team gehörten auch Brigitte Reimann (l.) und Ulrike von der Groeben.

Foto: RTL

Ein Jahr später moderierte Kloeppel zusammen mit Peter Limbourg von Sat.1 das erste echte Kanzlerkandidatenduell in Deutschland zwischen Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU). Auch hier hatten die Privaten erneut die Nase vorn – Sabine Christiansen und Maybrit Illner waren erst beim zweiten Schlagabtausch dabei.

Peter Kloeppel, der von 2004 bis 2014 zugleich RTL-Chefredakteur war, will künftig überwiegend in den USA leben. 1990 hatte er als junger USA-Korrespondent seine aus Minnesota stammende Frau, die Fernsehproduzentin Carol Sagissor kennengelernt, die gemeinsame Tochter lebt in New York. Seine Aufenthalte dort hätten sich zuletzt schon angefühlt „wie ein angenehmes Abklingbecken“, so der 65-Jährige. „Dort kennen sie mich nur als Peter aus Deutschland – nicht als Fernsehmensch.“

Bilder aus 30 Jahren "RTL Aktuell"
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Eine Zukunft ganz ohne journalistische Ambitionen scheint dennoch kaum vorstellbar. Nur als Moderator von Talk-Shows wird man Peter Kloeppel wohl kaum wiedersehen. „Da muss man wahnsinnig schnell reagieren und auch angriffslustig sein. Das war nie mein Ding.“ Stimmt. Aber genau das hat ihn in diesen Zeiten mit ihren steilen Erregungskurven so sympathisch gemacht.