Zwei Castingshows im Vergleich "The Voice of Germany" versus "X Factor"

Düsseldorf · Das große "X Factor"-Finale steht kurz bevor, "The Voice of Germany" hat gerade erst mit der Auswahl der Talente begonnen, beide Formate gehören definitiv zu den anspruchsvolleren Castingshows in Deutschland. Aber welche ist die Bessere? Im direkten Vergleich zeigt sich, "The Voice of Germany" hat klar die Nase vorne.

Nach "Popstars", "DSDS" und "X Factor" hätte es eigentlich keine weitere Gesangstalent-Castingshow mehr gebraucht. Trotzdem gingen ProSieben und Sat.1 vor wenigen Wochen mit dem neuen Format "The Voice of Germany" auf Sendung. Und die Show kommt gut an: Ständig steigende Quoten bescheren der Sendung mehr und mehr Erfolge.

Die Vox-Sendung "X Factor", rund um Sängerin Sarah Connor gestrickt, schickt am heutigen Dienstagabend ihre verbliebenen Kandidaten in den großen Finalkampf. Der neue Hype um die Konkurrenz-Show dürfte da wenig willkommen sein. "X-Factor" gehört immerhin zu den seriöseren Casting-Formaten. Im direkten Vergleich zeigt sich aber, warum "The Voice of Germany" es verdient hat, die Nummer Eins zu sein.

Das System

"X Factor" ist wie eine klassische Castingshow aufgebaut: Bewerben kann sich jeder, egal ob er Talent hat oder nicht. Das bringt mit sich, dass während der Castings die einen oder anderen seltsamen Gestalten das Publikum quälen. Die drei Juroren schauen sich die Kandidaten an und entscheiden gemeinsam, wer weiter darf und wer nicht.

Danach werden die Talente in drei Kategorien unterteilt und jeweils einem Juror und Mentor untergestellt: Die 16- bis 24-jährigen Solosänger, die Solosänger ab 25 und die Gruppen. Von da an kämpfen die Juroren mit ihren Kandidaten gegeneinander um den Sieg. Per Zuschaueranruf wird entschieden, wer weiterkommt.

Die jeweils zwei Kandidaten mit den wenigsten Anrufen treten noch einmal gegeneinander an. Dann entscheiden die drei Juroren, wen sie nicht mehr dabei haben wollen. In dieser Phase kommt es durchaus vor, dass die Juroren starke Sänger der Konkurrenten raus wählen, um ihre Kandidaten in Folgeshows zu schützen.

"The Voice of Germany" hingegen startet mit einer Vorauswahl. Zu den sogenannten "Blind Auditions" werden ausschließlich gute Sänger eingeladen. Diese haben dann anderthalb Minuten Zeit, einen Titel zu singen. Während dieser Zeit befinden sich die Juroren mit dem Rücken zum Kandidaten gewandt, sie können also nur die Stimme hören ohne den Sänger zu sehen.

Gefällt einem Juror die Stimme, drückt er einen Knopf und wählt damit einen Kandidaten in sein Team. Entscheiden sich mehrere Juroren für ein Talent, darf der Kandidat selbst entscheiden, zu wem er gehen möchte. Die Juroren sammeln so jeweils 16 Kandidaten, die sie unterstützen wollen. Im Anschluss folgen die "Battles", bei denen die Kandidaten eins zu eins im Duell gegeneinander antreten. Die besten Sänger kommen in die Liveshows.

Das System bei "The Voice of Germany" ist folglich deutlich stärker darauf angelegt, wirklich gute Sänger zu finden und dabei fairer. Der Punkt für das System geht daher klar an das neue Format.

Die Jury

Bei "X-Factor" ist Sarah Connor das Zugpferd unter den Juroren. Der zugegeben sehr sympathische Till Brönner dürfte vor der Sendung eher einem ausgewählten Publikum als der breiten Masse bekannt gewesen sein. Inzwischen ist er allerdings beim Publikum sehr beliebt. Rapper Das Bo kam in diesem Jahr für den Produzenten George Glück neu dazu. Obwohl in der Vergangenheit mit Singles wie "'Türlich, 'türlich (sicher, Dicker)" durchaus erfolgreich, gehört er nicht zu den Superstars in Deutschland.

Dagegen kommt "The Voice of Germany" gleich mit drei wirklich großen Namen daher: Nena, Xavier Naidoo und Rea Garvey sind echte Größen im Musikbusiness — erfolgreich, angesehen und geschätzt. Das noch etwas weniger populäre Duo von "The BossHoss" hätte auf den ersten Blick vielleicht gar nicht mehr sein müssen. Auf den zweiten Blick bringen die Berliner Sänger genau das bisschen mehr Würze mit rein, dass die Jury rund macht.

In beiden Sendungen kämpfen die Juroren gegeneinander. Während bei "X Factor" dadurch nicht immer charmante Kritik an den gegnerischen Kandidaten geübt wird, kabbeln sich bei "The Voice of Germany" die Juroren untereinander um die besten Sänger. Die Kritik gilt den Kollegen, um sie im Kampf um die Gunst der Talente auszuboten. Kein Kandidat wird schlecht gemacht, dafür sorgen die Auseinandersetzungen zwischen den Juroren für viel Spaß und Spannung.

Insbesondere die Kämpfe, die sich Xavier und Rea liefern, aber auch die Versuche von The BossHoss, sich gegen die berühmteren Kollegen durchzusetzen, sorgen für einige Lacher. Der in seinem Urteil besonders strenge Xavier sorgt zusätzlich für Spannung, indem er seine Entscheidungen für oder gegen Kandidaten regelmäßig auf die Spitze treibt.

Fazit: Der Unterhaltungswert bei "The Voice of Germany" ist dank der sehr gut ausgewählten und ideal zusammen gestellten Jury enorm hoch, der Schmerzfaktor dank dem respektvollen Umgang mit den Kandidaten dabei gleich Null. Klarer Sieg für den Newcomer.

Die Kandidaten

Zugegeben, in beiden Sendungen haben die Kandidaten wirklich Talent und können auch wirklich singen. Trotzdem kommt "The Voice of Germany" mit zum Teil wirklich auffallend guten Stimmen daher. Dazu kommt, dass man sich als Zuschauer automatisch mehr auf die Stimmen konzentriert, da man nachempfinden möchte, wie es der Jury geht, die die Kandidaten nicht zu Gesicht bekommt.

Als Zuschauer nimmt man so automatisch eine ganz andere Bewertung der Talente vor. Die Stimme rückt wirklich in den Vordergrund. Das sorgt zum einen dafür, dass die Sänger weit weniger oberflächlich beurteilt werden, zum anderen aber auch dafür, dass der Zuschauer verstärkt in den Genuss von echter Stimmqualität kommt. Auch hier gilt daher, dass "The Voice of Germany" überzeugender ist als die Konkurrenz-Show.

Zusammengefasst kommt das neue Casting-Format eindeutig mit mehr Qualität und Anspruch daher, ohne dadurch schwerfällig zu werden. Im Gegenteil, die Sendung macht Spaß und ist zum ersten Mal seit Langem wieder ein Format, dass zeigt, dass es keiner Erniedrigung und Bloßstellung von Kandidaten bedarf, um den Zuschauer gut zu unterhalten. Ein klarer Sieg nach Punkten für die Castingshow mit dem größten Fairness-Faktor.

(das)
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