Neue HBO-Serie auf DVD „The Newsroom“: Gute Idee, schwache Umsetzung

Düsseldorf · Die US-amerikanische Serie "The Newroom" hatte alle Voraussetzung für eine gute TV-Produktion: Einen ambitionierten Fernsehsender, einen erfolgreichen Drehbuchautor und erfahrene Darsteller. Die Enttäuschung ist bei der recht seichten Umsetzung groß.

 Jeff Daniels spielt den Starjournalisten Will McAvoy.

Jeff Daniels spielt den Starjournalisten Will McAvoy.

Foto: ap, Melissa Moseley

"HBO" steht für Qualitätsserien. "Game of Thrones", "Boardwalk Empire", "Die Sopranos", "The Wire", "Engel in Amerika" oder "Rom" wurden alle unter der Obhut des Senders verwirklicht. In den zehn Jahren bis 2004 erhielt "HBO" mehr Emmys, den bedeutendsten Fernsehpreis Amerikas, als alle anderen Konkurrenten zusammen. Der Sender gilt als Pionier der Qualitätsserien. Als "The Newsroom" dann vor gut anderthalb Jahren im US-Fernsehen anlief, waren die Erwartungen entsprechend groß.

Der künstlerische Kopf des Projekts schmälerte die Erwartungen keineswegs. Aaron Sorkin gehört in Hollywood zu den Besten seiner Zunft. Er war schon für die Drehbücher von "Eine Frage der Ehre", "Die Kunst zu gewinnen - Moneyball" und "Social Network", der mit dem Drehbuch-Oscar ausgezeichnet wurde, verantwortlich. Passenderweise kreierte Sorkin auch schon die gefeierte Serie "The West Wing — Im Zentrum der Macht".

Der Plot ist vielversprechend: Der Zuschauer begleitet den Nachrichtenmoderator Will McAvoy (Jeff Daniels) durch den beruflichen Alltag. Nachdem der Starjournalist bei einer Veranstaltung eine Schmähtirade über die USA ablässt, bekommt er von seinem Boss eine neue Produzentin — und alte Flamme — vor die Nase gesetzt. MacKenzie McHale (Emily Mortimer) steht für ehrlichen und schonungslosen Journalismus — zusammen mit McAvoy und zahlreichen Redakteuren will sie die Primetime-Show wieder in die richtige Spur bringen.

Geschickt platzierte Schlagzeilen

Für eine gute, funktionierende Serie ist also alles geschaffen. Die zahlreichen Figuren, die das Redaktionsteam bestücken, können die Subplots füttern. Außerdem hat die Serie dank der dort präsentierten Nachrichten genügend Gesprächsstoff.

Letzteres funktioniert ausgesprochen gut. Sorkin startet die Handlung 2010, den Zuschauer lässt er aber die meiste Zeit über genauere Zeitangaben im Dunkeln. Dennoch spielen Eckpfeiler der jüngsten Weltgeschichte große Rollen. Genauso wie die Figuren in "The Newsroom" werden die Zuschauer mit den Schlagzeilen überrascht — sei es mit der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko (20. April 2010) oder dem Tod von Osama bin Laden (2. Mai 2011).

Dazu könnten die guten Schauspieler, allen voran Daniels und Mortimer, aus der Serie das machen, was die Produzenten erhofft hatten: Ein weiteres Flagschiff des HBO-Kosmos.

In der Ruhe liegt die Kraft

Das ist es aber nicht. Die Serie stolpert an dem Grundtenor: Sie nimmt sich nicht ernst. Das Redaktionsteam ist ein nervliches Wrack, es wird geschrien, geweint. Darüber hinaus wird zwischen den Mitarbeitern vor allen Dingen eins: extrem viel diskutiert. Dabei variieren die Themen innerhalb der Redaktion von Terror und Naturkatastrophen bis hin zur Date-Auswahl der Mitarbeiter und anderen zwischenmenschlichen Aspekten, die im Berufsalltag normalerweise recht selten zu finden sind.

Die Redaktion avanciert zu einer großen Familie, allzu überraschend ist es dann nicht, dass hier Beziehungsprobleme lauthals diskutiert werden, verpasste Valentinstagdates mit großem Tamtam vor dem gesammelten Redaktionsteam angesprochen werden. Die Folgen neigen dadurch teilweise zur Albernheit.

Die Gespräche bestechen derweil aus einer wahren Wörter- und Intelligenzflut. Man fühlt sich automatisch an die Serie "Gilmore Girls" erinnert, die vor einigen Jahren vor allen Dingen von ihren erschreckend schlagfertigen Protagonistinnen lebte. Gleiches gilt auch für "The Newsroom", wobei sich diese verbale Fertigkeit nur auf die Redakteure bezieht. Damit werden die anderen Figuren degradiert, McAvoy und sein Team scheinen unantastbar.

Ein weiteres Problem, das sich damit ergibt: Realismus wird bei "The Newsroom" nicht groß geschrieben. Das wäre eigentlich nicht mehr als ein Nebenaspekt, würde die Serie nicht unaufhörlich zwischen anspruchsvollem und seichtem Unterhaltungsprogramm schwanken. Beide Ansätze scheinen deplatziert.

Damit ist mit "The Newsroom" eine durchwachsende Serie auf dem Markt gekommen, die nicht durchweg misslungen ist, aber an zu vielen Stellen hakt. "HBO" wird es verkraften können.

(jco)
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