„The Biggest Loser“-Kandidatin Ása Ástardóttir „Mein Ziel ist nicht das Schlanksein“

Interview | Köln · Die gebürtige Isländerin Ása Ástardóttir kennt man bereits aus TV-Formaten wie „Big Brother“. Nun will sie bei „The Biggest Loser“ ein paar Kilos verlieren. Was sie über die Sendung und „Body Positivity“ denkt, verrät sie im Interview.

Biggest Loser 2023 Kandidaten: Die Teilnehmer der Sat.1-Show
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"The Biggest Loser" 2023 – alle Kandidaten

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Foto: SAT.1/Ben Pakalski/Ben Pakalski

Wer an Island denkt, dem fallen neben der unbändigen Natur meist noch Islandpferde und Björk ein. Mittlerweile ist aber auch sie Fans des Unterhaltungsfernsehens ein Begriff: die gebürtige Isländerin und Wahlkölnerin Ása Ástardóttir. „Mit Kölle im Herzen“ ist die 48-Jährige sonst als Stand-up-Comedienne auf den Bühnen zuhause. Ihre Attribute: „Lebenshungrig, Kitsch-, Pink- und Glitzerlover und tiefsinnig.“ Neben dem Bühnenjob arbeitet sie außerdem als Sprachdozentin für Isländisch. Mittlerweile zieht es sie jedoch mehr und mehr zum Fernsehen. In der Sat.1-Show „Leben leicht gemacht – The Biggest Loser“ versucht sie nun, ein paar Kilos loszuwerden.

Was war deine Motivation, bei „The Biggest Loser“ mitzumachen?

Ása: Ich brauchte etwas Drastisches. Ich hatte mich selbst vernachlässigt, meine Ziele aus den Augen verloren. Bei 120 Kilogramm habe ich die Reißleine gezogen. Übergewicht darf nicht lebensbestimmend sein.

Die gebürtige Isländerin Ása Ástardóttir ist Teilnehmerin bei „The Biggest Loser“.

Die gebürtige Isländerin Ása Ástardóttir ist Teilnehmerin bei „The Biggest Loser“.

Foto: SAT1

Wie hat sich dein Verhältnis zu deinem Körper durch die Teilnahme an der Show verändert?

Ása: Ich musste brutal ehrlich zu mir und meinem Körper sein und das aktuelle Leben genauer betrachten. Und was ich sah, gefiel mir nicht mehr. Ich war nicht mehr fit – Müdigkeit, Demotivation, Schlappheit – mir war „das Leben“ – also Freunde treffen, Reisen, Ausgehen – zu anstrengend geworden. In meinem Kopf drehte sich alles nur um die Couch und die Snacks, die ich zu den Serien konsumieren würde. Ich habe bei meiner Bewerbung für die Sendung gewusst, dass ich etwas ändern muss, wusste aber nicht wie.

Du darfst vermutlich nicht spoilern – aber was nimmst du für dich aus der Sendung mit?

Ása: Mein Ziel war es, aus meinem Bequemlichkeits-Teufelskreis entrissen zu werden und das hat mir die Teilnahme ermöglicht. Und schnell lernte ich, dass mein Übergewicht und diese Müdigkeit, die ich verspürte, Altlasten und Blockaden in meinem Kopf waren. Ich dachte, es ginge ums Abnehmen, aber es ging um so viel mehr.

Das Format stand in der Vergangenheit häufiger in der Kritik, unter anderem weil es um das „Zurschaustellen“ geht und es Zweifel an der korrekten Betreuung der Kandidaten und Kandidatinnen gab. Was sagst du dazu?

Ása: Wir wurden in Griechenland exzellent betreut und aufgefangen. Mein Eindruck war eher, dass eben niemand vorgeführt werden sollte und auch niemand sich verstellen musste. Der Schweiß und die Tränen in diesem Format sind echt.

In der Vergangenheit hast du im Rahmen einer Aktion ein Zuckerbad in der Öffentlichkeit genommen und warst der Inbegriff der „Body Positivity“. Schließt sich da die Teilnahme an diesem Format nicht aus?

Ása: Ich stehe für curvy, sexy und healthy – fit und kraftvoll. Aber ab einer gewissen Kilo-Anzahl wurde ich persönlich zu schwer für meinen Körper: Ich hatte Rücken, Knie und Fettleber – und dann war die Lebensfreude eingeschränkt, und das konnte ich nicht zulassen. Mein Ziel ist nicht das Schlanksein – mein Ziel ist fit sein.

Hast du das Gefühl, dass du das auch bei „The Biggest Loser“ so vertreten konntest? Es entsteht in den Medien und besonders bei diesen Formaten ja schnell der Eindruck, dass Gesundheit mit Schlanksein gleichgesetzt wird.

Ása: Ich habe einfach meinen Körper machen lassen. Body Positivity steht auch dafür, dass wir auf unseren Körper hören und uns darauf verlassen, dass wir unser Wohlfühlgewicht erreichen, unabhängig von einem Mode- oder Medientrend. Das ist bei manchen Menschen schlank, bei anderen curvy. Aber wir sind uns alle einig, dass wir, wenn der Körper schmerzt, weil zu viel oder zu wenig Nahrung konsumiert wurde, aufpassen müssen. Grundsätzlich sollten wir es lassen, den Körper anderer Menschen zu kommentieren. My body, my choice – auf allen Ebenen.

Wie erlebst du das Spannungsfeld zwischen „Body Positivity“ auf der einen Seite und der Erfahrung, dass du dich durch dein Gewicht eingeschränkt gefühlt hast, auf der anderen Seite? Wie bringt man das zusammen?

Ása: Wie immer sind Extreme, ob Mager- oder Fettsucht, nicht gesund. Body Positivity zelebriert nicht, dass du dich mit ungesunden Lebensmitteln voll stopfst. Body Positivity bedeutet, dass wir, insbesondere Frauen, eine Selbstverständlichkeit unseres Körpers leben, uns wohlfühlen mit mehr oder weniger Po oder Busen und deshalb auch modisch tragen dürfen, worauf wir Lust haben und uns keiner unsere gute Laune vermiesen kann. Das gilt auch für uns Frauen über 40. Ich weigere mich, mich „altersgerecht" oder „körperformgerecht" zu kleiden, geschweige denn zu leben.

Wie siehst du generell das Frauenbild, wie es in den Medien vertreten wird?

Ása: Wir Frauen werden auch 2023 nach Aussehen und Alter vorverurteilt. Wenn du nicht schlank bist, kannst du nicht schön sein und wenn du nicht jung bist, schon mal gar nicht. Und das Problem daran ist, dass wir Frauen doch unbedingt „schön“ sein wollen.

Also gab es keine Veränderungen?

Ása: Ich finde schon, dass in den letzten Jahren Frauen ab 45 Jahren – wie etwa Jennifer Aniston und Jane Fonda – und auch rundere Frauen über 80 Kilogramm – beispielsweise Lizzo und Melissa McCarthy – endlich mehr Platz in den Medien einnehmen. Auch das Thema weibliche Kompetenz und Führungskraft ist selbstverständlicher geworden. Wir brauchen mehr davon! Und vielleicht kann ich dazu auch etwas beitragen.

Siehst du dich also auch als Vorbild für Frauen, die nicht gängigen Modelmaßen entsprechen?

Ása: Wenn ich auch nur eine Frau inspirieren könnte, dann würde mich das sehr stolz machen. Modelmaße sind kein Ziel – aber wie wäre es damit, fit in die zweite Lebenshälfte zu starten?

Du wirkst immer sehr selbstbewusst. Was bringt dich aus der Fassung?

Ása: Ich bin mir selbst mein schlimmster Feind – die Ansprüche, die ich an mich selbst stelle, sind vielleicht zu hoch. Ich musste lernen, mir selbst zu vergeben und meine Ziele anders zu definieren.

Es ist nicht dein erstes TV-Format, du warst unter anderem schon bei „Big Brother“ zu sehen. Was ist für dich der Reiz an diesen Formaten?

Ása: Es ist ein bisschen wie Bungee Jumping – TV-Formate sind eine totale Grenzerfahrung. Jetzt darfst du zeigen, ob du über dich hinauswachsen kannst oder lieber nicht an dir und deinen Dämonen arbeiten möchtest. Ich behaupte von mir, dass ich diesen Druck von außen brauche, um mich neu zu erfinden. Ich war nach meiner „Big Brother“-Teilnahme sehr dankbar für die Möglichkeit der Selbstreflexion, aber „The Biggest Loser“ ging noch so viel weiter. Ich hab‘s gebraucht – für mich war es richtig.

Die Ása aus dem Fernsehen ist eher „schrill“ – wie schaffst du den Spagat zu deinem Job als Sprachlehrerin?

Ása: Ich bin überzeugt, dass ich als Isländisch-Lehrerin so oft gebucht werde, weil ich auch die trockenste Grammatik-Übung mit lustigen Anekdoten verbinden kann. Ich habe keine Lust, mich im Unterricht zu langweilen, also verbinde ich Ernsthaftigkeit mit Humor.

Apropos Humor: Du stehst auch als Comedienne auf der Bühne. Kann man dich dort bald noch häufiger sehen?

Ása: Ich stehe regelmäßig auf Kölner Comedy-Bühnen, etwa am 27. Februar in der Volksbühne am Rudolfplatz. Auf Instagram poste ich regelmäßig meine Termine – auch deutschlandweit.

Und in der Zukunft – eher Bühne oder lieber doch TV-Format?

Ása: Ich liebe Reality-TV und würde da auch immer wieder zu bereit sein und die Kölner Comedy-Bühnen sind alle in meiner Nachbarschaft – da habe ich es nicht weit.

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