Legendärer Film wird 20 Jahre alt Warum „Tatsächlich... Liebe“ der tatsächlich beste Weihnachtsfilm ist

Meinung | Düsseldorf · Es gibt viele nette Weihnachtsfilme, aber nur einen, den man immer wieder ansehen kann: „Tatsächlich... Liebe“ von Richard Curtis. Was diese Episoden über die Macht der Liebe so besonders macht. Alle Jahre wieder.

Einige der wichtigsten Darsteller aus dem Film „Tatsächlich... Liebe“.

Einige der wichtigsten Darsteller aus dem Film „Tatsächlich... Liebe“.

Foto: RTL

Ein zynischer Rocker, der einen längst vergangenen Hit weihnachtlich aufbrezelt, um noch mal groß rauzukommen. Ein Witwer, der mit dem kleinen Sohn seiner jüngst verstorbenen Frau in ein neues Leben finden muss. Eine Braut, die feststellt, dass der mürrische beste Freund ihres Mannes in Wahrheit unsterblich in sie verliebt ist. Und natürlich der britische Premierminister, der – gerade im Amt – die Supermacht USA herausfordert und sich in eine pummelige Hausangestellte verliebt. Der Episodenfilm „Tatsächlich... Liebe“ versammelt Figuren aus allen sozialen Schichten, die eines verbindet: Sie spüren die Kraft der Liebe, erleben am Weihnachtsabend, wie etwas Brüchiges, Fehlerhaftes, Schicksalhaftes in ihrem Leben durch Menschlichkeit geheilt wird. Mal mit großem Tamtam und Heiratsantrag vor den Augen feiernder Gäste in einem portugiesischen Restaurant. Mal still, wenn der abgehalfterte Rockstar endlich begreift, wem er seine Liebe schon längst hätte gestehen sollen. Mal ironisch, wenn ein Londoner Junge mit zweifelhaftem Charme in den USA von den schönsten Klischee-Beauties umschwärmt wird.

So entwirft dieser Weihnachtsfilm ein Tableau der Menschlichkeit, der kleinen Wunder, die in einer besonderen Nacht in Erfüllung gehen, wenn alle sich einen Ruck geben, endlich kapieren, was wirklich zählt, und auf die Liebe vertrauen. Tatsächlich. Dieses Tableau blendet Regisseur Richard Curtis mit einem genialen Kniff am Ende in die Wirklichkeit. Da kehrt der Film zurück zum Anfang, beobachtet Menschen am Flughafen, die einander in die Arme fallen, pure Wiedersehensfreude, Momente unmissverständlicher Liebe. Da teilt sich der Bildschirm, teilt sich immer weiter, bis aus den fiktiven Figuren unzählige reale Aufnahmen liebender Menschen geworden sind. Eine Kettenreaktion. Ein Schneeballsystem. Eine Zellteilung der Liebe. Alles könnte so einfach sein, ist die Botschaft, wenn ein jeder sich nur darauf besinnen würde, dass die Fähigkeit zur Liebe und Mitmenschlichkeit unsere Spezies zu etwas Besonderem machen könnte. Und nicht der Hass.

Das wird in dieser schlauen Romanze aus dem Jahr 2003 mit so viel Leichtigkeit, Witz, Sympathie, Tempo und einer alles durchdringenden heiteren Weisheit erzählt, dass man diesen Film immer wieder sehen kann. Man hat einfach Freude daran, jedes Mal neu zu beobachten, wie sich die Geschichten entwickeln, wie sich die Figuren fügen und sich aus vielen Steinchen eine humanistische Botschaft zusammenbaut, die weltlich erzählt, wovon auch die christliche Weihnachtsbotschaft handelt: dass die Liebe unscheinbar daherkommt, machtlos wie ein Kind, und doch die Macht hat, Leben zu verändern. Das kann man alle Jahre wieder konsumieren, ohne das zuckrige Völlegefühl, das sich bei vielen anderen Weihnachtsfilmen schon nach wenigen Minuten einstellt.

Natürlich hat das damit zu tun, dass Richard Curtis ein Könner ist. Er schrieb die Drehbücher zu so grandiosen Filmen wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ , „Notting Hill“ und „Bridget Jones“. Alles Filme, die ans Herz gehen, ohne die Strippen allzu sichtbar werden zu lassen, an denen Regisseure dafür ziehen müssen. Curtis ist der Meister der klugen Romanze, weil er über die eine Zutat verfügt, die alles Klebrige auflöst: Humor. Für „Tatsächlich... Liebe“ übernahm er 2003 erstmals auch die Regie und konnte jede kleine Episode mit den tollsten Darstellern besetzen: Hugh Grant, Bill Nighy, Keira Knithley, Colin Firth, Alan Rickman, Laura Linney, Heike Makatsch, Liam Neeson, Rowan Atkinson und die wunderbare Emma Thompson. Das ergibt kein Kommen und Gehen der Stars, sondern einen Staffellauf der Besten.

Dazu verzichtet der Film auf schmalzige Musikuntermalung, versammelt vielmehr mit bestem Instinkt unterschiedliche Pophits, eine Playlist der gehobenen Stimmung. Mancher Fan hat sie seit Jahren im Regal, weil man sich damit positiv konditionieren kann. Spätestens wenn man „Jump“ von den Pointer Sisters hört, hat man Hugh Grant vor Augen, wie er als junger Premierminister mit schlechtem Hüftschwung durch 10 Downing Street tanzt. So ungeschickt wie euphorisch zelebriert er einen dieser seltenen Momente, in denen man ganz bei sich ist und alles im Reinen scheint. Selbstliebe ist das – nicht zu verwechseln mit Egoismus. Der amerikanische Kontrahent jedenfalls muss sich in Acht nehmen.

Natürlich sind Weihnachtsfilme ein Gebrauchsgenre. Mittel zum Zweck: Sie sollen ein bisschen rühren und gute Laune machen, klimaunabhängig in winterlich-weihnachtliche Kulissen führen und die ganze Familie friedlich auf ein Fest einstimmen, das gelegentlich nicht ganz so friedlich gerät. „Tatsächlich... Liebe“ tut das auf unerwartete, und darum bei aller Romantik fast kitschfreie Weise: Der Film erzählt nicht die eine Geschichte, die unweigerlich ins pathetische Happy End führt, sondern lässt die Botschaft von der Liebe zersplittern, streut sie wie eine gute Saat in die Köpfe der Menschen, auf dass sie sich erinnern mögen, dass Menschlichkeit eigentlich die einfachste Sache von der Welt ist. Und Liebe wirkt. Nicht nur an Weihnachten. Tatsächlich!

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