„Tatort“ aus Dresden Tindern kann tödlich sein
Dresden · In ihrem letzten Fall muss die Dresdner Ermittlerin Sieland einen Mord aus Eifersucht aufklären. Die Spur des Täters führt zu einem Onlinedating-Portal - ein dichter, spannender Film.

Tatort aus Dresden - Gefährlicher Einsatz und ein Abschied
"Hier ist gerade einer von denen aufgetaucht", stammelt die junge Frau, ein Leopardenmantel über dem roten Kleidchen, ins Telefon, als sie am frühen Morgen aus der Disco stolpert. "Ich hab Angst!"
Ihre Mitbewohnerin am anderen Ende der Leitung versucht, sie zu beruhigen, aber das Partymädchen Doro irrt in Panik auf hohen Schuhen über das Kopfsteinpflaster, findet beinahe ihren Kleinwagen nicht, verliert dann mit zitternden Fingern den Schlüssel und lässt sich erst nach einer Ewigkeit auf den Fahrersitz fallen. "Schließ ab, und fahr sofort nach Hause", rät ihre Mitbewohnerin, doch es ist zu spät.
Aus dem Dunkel sprintet eine Gestalt auf Doro zu, reißt die Fahrertür auf, zerrt sie aus dem Auto und zu Boden, setzt einen Würgegriff an. Doro schreit und würgt. Ihre Füße mit den glänzenden Lackschuhen zucken, sie hustet und röchelt. Bald zucken ihre Füße nicht mehr.
"Die Halsschlagader", sagt der Gerichtsmediziner fast beeindruckt, "ist quasi geplatzt. Da hat jemand richtig geackert." Dann packt er seine Ausrüstung zusammen.
Das Geschäft mit der Sehnsucht
Zurück bleibt das rein weibliche Dresdner Ermittler-Duo mit seinen eigenen privaten Problemen, der traumatisierten Mitbewohnerin des Opfers - und einem ganzen Rudel älterer Männer, die sich beim Online-Dating von der lebenslustigen Doro betrogen fühlten. Allein gerichtsfeste Beweise finden sich gegen keinen. Und so kommt es, dass sich Sieland (Alwara Höfels in ihrem letzten Fall) und Gorniak (Karin Hanczewski) undercover parallel zu einem Date mit den beiden Hauptverdächtigen treffen - und dabei Gefühle entwickeln: die eine Mitleid, die andere Leidenschaft.
Zum Ende wird der Krimi zum Psychothriller, streckenweise mit explizit erotischem Touch. Es geht um Einsamkeit und das Geschäft mit der Sehnsucht, um Manipulation und "toxische Männlichkeit": Die gewalttätigen Grenzüberschreitungen reichen von Stalking über Missbrauch und Vergewaltigung bis hin zu Massenmord wie im April in Toronto, als ein Frauenhasser seinen Lastwagen gezielt in eine Menschenmenge steuerte.
Ein dichter, spannender Film ist Autor Erol Yesilkaya, Regisseurin Theresa von Eltz und Kameramann Juan Sarmiento G. gelungen. Die Verdächtigen sind hart an der Grenze zur Karikatur, aber faszinierend bleiben der Yuppie (Daniel Donskoy) wie das kauzige Muttersöhnchen (Aleksandar Jovanovic). Apropos: Im Münster-"Tatort" hatte Jovanovic erst vor einem halben Jahr als irres Kunstgenie geglänzt - nur dort wäre die Nebenhandlung um Kripo-Chef Schnabel und den Sohn seiner Ermittlerin Gorniak legitim. Deshalb Abzug in der B-Note.
"Tatort: Wer jetzt allein ist", Das Erste, Mo., 20.15 Uhr.