Nachlese zum „Tatort: Rettung so nah“ Selbstjustiz an Sanitätern

Dresden · Luise Aschenbrenner glänzt als Greta in einem packenden Film, doch die Tätersuche verläuft leider arg nach Schema F. Die Kritik zum Tatort „Rettung so nah“ – inklusive Vorschlag für einen geeigneteren Mörder.

 Im Fadenkreuz: Tarek Wasir (Zejhun Demirov) und Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner).

Im Fadenkreuz: Tarek Wasir (Zejhun Demirov) und Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner).

Foto: MDR/MadeFor/Daniela Incoronato

Worum ging’s? Der Rettungssanitäter Tarik Wasir ist tot; jemand hat ihn mit einer Plastiktüte erstickt. Ein Rassist? Ein neidischer Kollege? Oder liegt das Motiv ganz woanders? Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) können nichts ausschließen. Doch als der Unbekannte einen fatalen Unfall von Kollegen derselben Wache verursacht, kommen sie der Sache näher. Letzten Endes stellt sich heraus: Hinter den Anschlägen stecken die Eltern eines Mädchens, das Tarik und seine Kollegin Greta einst nicht retten konnten.

Worum ging's wirklich? Um den Einblick in den Alltag auf einer Rettungswache. Wie gehen die Sanis und Ärzte damit um, 24/7 ran zu müssen, im Schichtdienst - zu jeder Kneipenschlägerei, zu jedem noch so schlimmem Unfall, in jeden dunklen Park, in dem sonstwer warten mag? Der Film legt nahe: Wenn man so will, haben sie es noch schwerer als Tatortreiniger. Ihr Job ist kaum weniger blutig. Die Chance, helfen zu können bis hin zur Rettung von Menschenleben, bedeutet auch eine massive Verantwortung. Und als wäre all das nicht schwer genug, haben sie zunehmend mit Gaffern und Angehörigen zu kämpfen, die auch mal ausfällig werden oder sogar körperlich aggressiv

Wer spielte am stärksten? Martin Brambach ist einmal mehr toll als verbitterter Kripo-Chef Peter Michael Schnabel – doch diesen Film trägt Luise Aschenbrenner als Greta. Eine junge, blasse, kleine Frau von nebenan, deren Privatleben als alleinerziehende Mutter kaum weniger anstrengend ist als ihr Job. Zumal sie in letzter Zeit befürchten muss, Ziel eines Stalkers zu sein. Weil sie sich zur Beruhigung ab und zu in Form eines Joints die harmloseste aller Drogen gönnt, wird ihr schließlich auch noch gekündigt. Dazu fällt ihr nur ein: „Gut... Danke.“

 Was war schade? Abgesehen von der völlig überflüssigen Grippewelle, die alle aufgesetzt husten und niesen lässt? Das stereotype Abklappern der Verdächtigen: Der mysteriöse, Motorrad fahrende Kollege Hagen Rigmers (Matthias Kelle) war es natürlich nicht. Der ebenfalls sehr früh eingeführte aggressive Patient scheidet durch Tod vor der zweiten Tat als Mörder aus. Am Ende ist es auch nicht Jens Schlüter (Golo Euler), der sich für den Tod seiner Tochter in den Armen von Greta und Tarik rächen will. Sondern - tätä! - seine Gattin (Annika Blendl). Dieser Twist zählt beim x-ten Aufguss kaum noch als solcher.

Welcher Mörder wäre der bessere gewesen? Peter Fritsche (Torsten Ranft), der Leiter der Wache. Als völlig verzweifelter Hilfeschrei, um die Öffentlichkeit auf die untragbaren Zustände aufmerksam zu machen. Klingt krass. Wäre es auch gewesen. Aber: So ähnlich war es im zu Recht hochgelobten Polizeiruf 110 „Nachtdienst“ von 2017, einem der letzten mit Matthias Brandt als Hanns von Meuffels. Darin beging der Bewohner eines Pflegeheims, ein ehemaliger Polizist, dort ein Massaker: „Eine Katastrophe, um damit eine größere aufzudecken“.

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