„Tatort“ aus Münster Bloß ein bisschen Boerne-Balsam in der Corona-Zeit

Münster · Boerne ist zurück unter den Lebenden, doch der Fall „Es lebe der König!“ ist an der Grenze zum Rohrkrepierer. Vielleicht gemeindet der WDR deshalb den Star der Show aus Grevenbroich flugs nach Köln ein.

 Jan Josef Liefers und Axel Prahl beim Dreh.

Jan Josef Liefers und Axel Prahl beim Dreh.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Worum ging es?
Manfred Radtke ist tot, ertrunken im Wassergraben seiner schmucken Burg. Boerne beschließt mehr als dass er beweist, dass er zuvor kaum allein in seine Ritterrüstung geklettert sein konnte. Unter Verdacht stehen seine junge Frau Farnaz sowie seine beiden Kinder, insbesondere die ehrgeizige Claudia. Außerdem schnell im Spiel: Ein Kindheitskumpel des Toten, der zum Drogenboss aufgestiegen ist, sowie ein Staatsanwalt, der mit dem Gangster zu paktieren scheint.

Was war gelungen?
Der Schauplatz, das Grevenbroicher Schloss Hülchrath! Davon ab: Die Handlungsstränge um den höchst verdächtigen Staatsanwalt, die ausgebuffte Make-Up-Dame, die Boerne den Kopf verdrehen soll, sowie die Vorbesitzerin der imposanten Burganlage. Alles schön abgedreht – im Gegensatz zum zähen Haupt-Plot.

Was war schade?
Nur die Nummer mit dem Staatsanwalt wurde durchgezogen bis zum (soliden) Schluss. Die mit ihren seltsamen Vorlieben erpressbare Ex-Grande-Dame blieb ein One-Gag-Wonder. Vor allem von der für Requisite und Schminke zuständigen Theater-Frau (Mai Duong Kieu; bekannt aus „Bad Banks“) hätte man gern mehr gesehen – vielleicht eine Kampf-Einlage der Meisterin des Kung-Fu? Zu sehr drüber geht’s hier ja kaum. Unpassend wirkte es indes, dass beiläufig sowohl Demenz als auch häusliche Gewalt in das bereits übervolle Potpourri gerührt wurden.

Fazit?
Auf jede gelungene Szene (Boernes Monolog über seinen „Erfolgs-Bart“, Thiels Präsentation seines Wissens über die Wiedertäufer) kam gefühlt eine schwache (Assistent Mirko Schrader und das „Mirko-, ähh, Mikro-USB-Kabel“; hoho). Dieser Film war – trotz „Moonwalk“ à la Michael Jackson – bloß ein bisschen Boerne-Balsam in der Corona-Zeit. Die allerdings auch den Dreh erschwerte; so viel Fairness muss sein. Doch eine andere Sache war da noch...

An welcher Stelle blutet dem Niederrheiner das Herz?
Wenn er hier lesen muss, der Film sei gedreht worden „in Münster, Köln und Umgebung.“ Bei aller Liebe: Vom Kölner Dom bis Schloss Hülchrath sind es über die Autobahn 50 Kilometer, über die Bundesstraße 40 und auch auf direktestem Weg zu Fuß mehr als 30. Diese Quasi-Eingemeindung ist gewagt. Selbst das Krefelder Rathaus ist näher dran am Star der Show. Bei der „Gießener Allgemeinen“, liebe Kollegen vom WDR, verortet man das schöne Grevenbroich südwestlich einer gewissen Landeshauptstadt. Falls das zu viel verlangt ist: In der Nähe liegen auch Neuss und Mönchengladbach.

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