TV-Kritik zum "Tatort: Die Sonne stirbt wie ein Tier" Nicht nur für Tierfreunde schwer zu ertragen

Düsseldorf · Das Ludwigshafener Ermittlerteam spaltet die Fangemeinde der Krimi-Reihe "Tatort". Doch ein junger Schauspieler machte den 61. Fall zu einem spannenden Psycho-Thriller.

Tatort mit Ulrike Folkerts: Das ist die Folge "Die Sonne stirbt wie ein Tier"
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Szenenbilder aus dem "Tatort: Die Sonne stirbt wie ein Tier"

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Den muss man sich merken: Ben Münchow als Pferderipper Gerd Holler spielt in diesem Krimi alle an die Wand. Wirklich eindringlich, wie er einen zutiefst gestörten jungen Mann entwickelt, für den der Zuschauer stellenweise sogar Mitgefühl spürt. Er strahlt rohe Gewalt und zugleich eine berührende Verletzlichkeit aus etwa in der Anbändelei mit Verkäuferin Paula (Lisa Charlotte Friedrich) — alles in allem ein ganz starker Auftritt.

Das Positive an diesem "Tatort": Münchows Spiel und die zum Teil großartigen Bilder, die Regisseur Patrick Winczewski und seinem Team gelungen sind: eine starke Anfangsszene, Pferdekoppeln im Morgennebel, eine toll inszenierte Verfolgungsjagd, bei der sich eine Bürgerwehr an die Fersen des Pferderippers heftet, sowie ein Schlussbild, das mit einem leuchtendweißen Körper in all dem Blut an ein Werk Caravaggios erinnert.

Tatort: Bilder aus 25 Jahren Ulrike Folkerts als Lena Odenthal
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"Tatort": Bilder aus 25 Jahren Ulrike Folkerts als Lena Odenthal

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Und das Negative: Gestanzte Sprüche, wo man hinhört. Die Gespräche, die Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) in ihrer Burnout-Reha mit Therapeut Tim führt, nerven. Es geht um den inneren Kompass, den Scanner im Kopf, um Abgrenzung. "Der Mensch ändert sich, ich ändere mich", sagt sie zum Beispiel zu Mario Kopper (Andreas Hoppe), als sie ankündigt, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Wie die professionelle Partnerschaft der beiden weitergeht, bleibt offen. Auch die Fall-Analytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) glänzt mit Sätzen wie Menschen, die Pferde verletzen, sind oft psychisch gestört”. Wäre auch schlimm, wenn es normale Menschen wären, die Spaß daran haben, Pferde zu quälen. Und wer immer eine Idee hat, was mit dem Titel "Die Sonne stirbt wie ein Tier" gemeint war, bitte melden!

Kein Herz für Tiere: Der Stoff ist nicht nur für Tierfreunde hart zu ertragen. Die Details über die geschundenen Pferde sind starker Tobak, die Szene, in der Odenthal ein leidendes Pferd mit dem Gnadenschuss erlöst, hat es auch in sich. Ebenso der Besuch bei der Obduktion, bei der ein gehäutetes Pferd in Lebensgröße zu sehen ist. Wegen dieser Eindrücke und Ben Münchows starkem Spiel, wirkt dieser "Tatort" länger nach als andere.

Das sind die aktuellen "Tatort"-Teams
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Foto: dpa, ve sab kde

Der Neid-Moment: Die Badewanne, in der Hofbesitzerin Sylvia Magin (Alma Leiberg) mit ihrer Migräne liegt, hätten sicher viele gerne. Obwohl: Die ist so groß, dass sie in kein übliches Mietwohnung-Bad passen würde.

Regionale Besonderheiten: Angefangen mit der Sekretärin im Kommissariat wird in Ludwigshafen gerne Dialekt gesprochen — gut so, denn auch dank dieser regionalen Besonderheiten bleiben die "Tatort"-Teams unterscheidbar und reizvoll. Paula spricht zum Beispiel auch Pfälzisch — und das Wort "Stoffeischhörnschen" ist einfach zu schön. Auch wenn das Plüschtier den Anfang vom Ende bedeutet.

Der schönste Dialog: Lena Odenthal: "Manchmal sind wir beide wie ein altes Ehepaar." Mario Kopper: "Was ist denn daran so schlimm?" — stimmt!

(stö)
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