„Tatort“-Nachlese Was für ein Schweizer Käse

Die letzte Folge des Luzerner „Tatorts“ zeigte, warum man dieses Team nicht vermissen muss. Grundlegende Bestandteile eines Krimis stimmten nicht, der Rest war Gesellschaftskritik – mit voller Breitseite.

 Reto Flückiger und Fabian Krüger im Luzern-“Tatort“.

Reto Flückiger und Fabian Krüger im Luzern-“Tatort“.

Foto: dpa/Daniel Winkler

Worum ging es? Der Gastronom Christian Streuli (Aaron Hitz) muss sein Gasthaus aufgeben, weil er an den strengen Schweizer Vorschriften scheitert. Er fühlt sich von einem Politiker um sein Lokal betrogen und will sich an ihm rächen. Dabei nutzt er die Gelegenheit bei einem Empfang auf einem Schiff, wo nicht nur sein Gegner, sondern auch Luzerns Wirtschaftselite an Bord ist. Polizist Reto Flückiger verhindert das Schlimmste bei diesem Anschlag, dennoch sterben zwei Unbeteiligte.

Worum ging es eigentlich? Um Gesellschafts- und Medienkritik. Und um den Abschied des Luzerner Teams. Ermittler Reto Flückiger (Stefan Gubser) benimmt sich so daneben, dass den Vorgesetzten nur die Kündigung bleibt. Lange rätselt die Polizei, ob es sich um politisch motivierte Taten gegen das Establishment handelt.

Der Abschied Der schmierige Journalist Frédéric Roux (Fabian Krüger) darf die Wahrheit aussprechen. „Deine Zeit ist vorbei“, sagt er dem Polizisten ins Gesicht. Am Ende steht Flückiger – mehr Klischee geht kaum – mit seiner Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) am Bord einer Segelyacht. „Blöd, dass du keine Frau bist“, sagt die Polizistin, die auf Frauen steht. „Nobody’s perfect“, antwortet er. Und damit endete die Krimi-Historie aus Luzern.

Warum man nicht traurig sein muss Die Gesellschaftskritik war so platt und allumfassend, dass einen die Dialoge fast schon langweilen. Wahlen werden als Alibi-Abstimmungen diffamiert, Fernsehen ist nur Gehirnwäsche. Journalisten machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt, und nehmen auch gerne Geld für kleine Gefälligkeiten. Am schlimmsten ist aber, was mit Flückiger passiert. Richterliche Beschlüsse für Durchsuchungen von Wohnungen und Computern benötigt er nicht mehr. Er macht, was er will, und fühlt sich dabei auch noch im Recht. Warum ein Schweizer Beamter von jetzt auf gleich sich von seinem Berufsethos verabschiedet und alle rechtsstaatlichen Einschränkungen in der Polizeiarbeit ausblendet, wird nicht plausibel erklärt. Es gibt kein Aha-Erlebnis, keine Vorgeschichte, was diese Persönlichkeitsveränderung erklärt – außer den Druck der Drehbuchautoren, ihrem Kommissar den vermeintlich spektakulären Abgang zu ermöglichen.

Was lustig war Die Leiche mit dem zuckenden Augenlid in Minute 23. Immerhin: Der tote Hund starrte tapfer geradeaus – ohne zu blinzeln.

Wie geht es weiter beim Schweizer „Tatort“? Der neue Schweizer „Tatort“ kommt künftig aus Zürich, es gibt ein rein weibliches Team aus Ermittlerin und Fallanalytikerin. Der Sendetermin des Debüts, so hat es das Schweizer Fernsehen angekündigt, ist für Herbst 2020 geplant. Carol Schuler spielt Fallanalytikerin Tessa Ott, Anna Pieri Zuercher übernimmt die Rolle der erfahreneren Ermittlerin Isabelle Grandjean.

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