So war der Münchner „Tatort: In der Familie“ Starker Fall, schaler Schluss

München/Dortmund · Das Rückspiel des Jubiläums-„Tatorts“ in München war ebenso gut wie der Fall aus Dortmund – spannend, unterhaltsam und gut gespielt. Das Ende hinterlässt aber einen faden Geschmack.

 Sofia Modica (Emma Preisendanz) hat ihr altes Leben hinter sich gelassen.

Sofia Modica (Emma Preisendanz) hat ihr altes Leben hinter sich gelassen.

Foto: dpa/Hagen Keller

Worum ging es Restaurantbesitzer Luca, seine Tochter Sofia und Auftragskiller Pippo haben Dortmund verlassen – nach dem Tod von Lucas Ehefrau Juliane ist ihnen der Boden zu heiß geworden. Sofia aber glaubt, dass ihre Mutter die Familie im Stich gelassen hat. Die drei schlagen sich in München durch, die Mafia gibt ihnen Aufträge, etwa einen Baudezernenten einzuschüchtern, der ihre Geschäfte der Geldwäsche gefährdet. Doch Pippo brennen die Sicherungen durch, der Mann stirbt, und die Mafia hat ein Problem. Denn nun ermitteln Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in einem Mord. Sofia (Emma Preisendanz), im ersten Teil noch eine Nebenfigur, wird zur Protagonistin, denn schnell wird sie erkennen, in welchen Kreisen sie sich bewegt, und das Schicksal ihrer Mutter aufklären. „Der Scheiß-Fall aus Dortmund“, wie es Batic und Leitmayr nennen, geht in die zweite Runde. Faber (Jörg Hartmann) kreuzt in München auf, nachdem Sofia versucht hat, ihre Mutter auf deren Handy anzurufen, und geht seinen Kollegen gehörig auf die Nerven. Faber allerdings zeigt sich so unbeeindruckt von der Mafia, dass Batic und Leitmayr ihn auch mal bremsen müssen. Als der Pate alle Namen der ermittelndenen Kommissare erwähnt und so die Polizisten einschüchtern will, kontert Faber: „Und kriegen wir jetzt alle eine Weihnachtskarte?“

Worum es eigentlich ging Auch im zweiten Teil von „In der Familie“ geht es um die Mafia. Gezeigt wird, in welche legalen Geschäfte sie mittlerweile verwickelt ist. Pate Domenico lebt in einer schmucken Villa am See und ist offiziell Projektentwickler. Grauhaarig und mit Goldrandbrille macht er den Eindruck eines distinguierten Millionärs, doch er zögert nicht, mit einem Fingerschnippen Morde zu beauftragen und Menschen beseitigen zu lassen. Sein Sohn Marc ist schon in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Er studiert Jura und will zwar nichts von den Geschäften seines Vaters wissen, nimmt aber den Wohlstand gerne in Kauf. Anders als im ersten Teil, in dem Sofias Mutter sich in Dortmund gegen die Mafia auflehnt und dafür am Ende mit ihrem Leben bezahlt, sind im Rückspiel in München die Frauen alle auf Linie – bis auf Sofia. Weibliche Solidarität gibt es nur soweit, dass es Tipps fürs Wohlverhalten gibt und Kleider ausgeliehen werden. Domenicos Ehefrau liefert Sofia ebenfalls ans Messer. Pia Strietmann hat den zweiten Fall der Doppelfolge zum 50. Geburtstag der Krimireihe ebenso fesselnd inszeniert wie Dominik Graf den Auftakt.

Der beste Dialog „Ihr Kollege ist weit außerhalb seiner Zuständigkeit“, sagt Pate Domenico in Richtung von Kommissar Faber. „Meine Zuständigkeit sind Arschlöcher und ihre Freunde“, entgegenet Faber.

Schales Ende Es muss das schlechte Gewissen sein, dass am Ende die Kommissare eine Mörderin ziehen lassen. Sie habe genug mitgemacht, das arme Mädel, meinen sie. Batic rät noch, Sofia müsse ihrem Vater verzeihen. „Ich weiß nicht, ob er eine Wahl hatte“, meint er. Die Moral wird im „Tatort“ mal wieder über das Strafrecht gestellt. Das hätte es zum Ende eines so spannenden Falls wahrlich nicht gebraucht. Der Zuschauer kann es ertragen, wenn vom Leben Gestrafte auch juristisch bestraft werden.

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