"Tatort" im Schnellcheck Wenn Altnazis und Steinzeit-Muslime von "Ehre" reden

Nürnberg · In "Ich töte niemand" entdecken Voss und Ringelhahn, wie Rechte und Islamisten Sprache für ihre Zwecke missbrauchen – mit am Ende blutigen Folgen. Komplex, aber gelungen.

 Szene aus dem Tatort "Ich töte niemand" mit den Kriminalhauptkommissaren Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel).

Szene aus dem Tatort "Ich töte niemand" mit den Kriminalhauptkommissaren Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel).

Foto: Felix Cramer/Moss Film/BR/dpa

In "Ich töte niemand" entdecken Voss und Ringelhahn, wie Rechte und Islamisten Sprache für ihre Zwecke missbrauchen — mit am Ende blutigen Folgen. Komplex, aber gelungen.

Worum ging es? Der bei Nürnberg lebende Libyer Ismael Elmahi und seine Schwester wurden brutal erschlagen. Kurz darauf stirbt ein Polizist auf mysteriöse Weise.

Worum ging es wirklich? Um die Pervertierung von Konzepten wie "Ehre" und "Haltung". Der örtliche Altnazi mit der Lesebrille hat seine Familie mit seiner Ideologie vergiftet, dazu wer weiß wie viele Menschen im Sportverein, in dem er - Achtung - Ehrenpräsident war. Der freundliche arabische Schneider indes ist fest davon überzeugt, dass nur Araber etwas von "Ehre" verstehen, und leitet daraus ein Recht auf Blutrache ab. Mit dieser Steinzeit-Variante des Islam macht er junge Männer zu Mördern.

90 Minuten in 90 Zeichen: Immer wieder gruselig, wie viel politische und religiöse Fanatiker gemeinsam haben.

Wie viel Moral steckte in diesem "Tatort"? Eine große Portion, aber das wirkt nicht unangenehm, weil niemand als großer Moralisierer in Erscheinung tritt. Nicht Felix Voss (Fabian Hinrichs), für den die Existenz voll integrierter "Super-Moslems" offenbar kaum vorstellbar sind. Und schon gar nicht Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel), deren Affäre mit ihrem Kollegen dessen offenbar rechtsradikale Frau (bärenstark: Ursula Strauss) so sehr in ihrem verqueren Weltbild bestätigt, dass sie ihren Gatten vergiftet.

Sätze zum Mitreden:
Erboster Hausmeister: "Wer des gemacht hat, dem würde ich höchstpersönlich den Schädel spalten."
Voss: "Okay! Also, äh... nicht okay. Aber gut, dass Sie das gesagt haben. Das hilft ja manchmal."

Wie sind eigentlich die Franken so? Hauptdarsteller Fabian Hinrichs hat es erfasst: "einerseits kollektiv maulfaul, eigensinnige, sich oft gegenüber Oberbayern minderwertig vorkommende Leut' — andererseits ehrliche, redliche, gierlose Genießer, stolze Nachfahren eines einst weltbestimmenden Völkchens mit wachsenden Abtrennungsbestrebungen gegenüber Bayern". Weiter analysiert er: "Die zunächst oft sehr reduzierte sprachliche Kommunikation, die ich manchmal fälschlicherweise als Ablehnung empfunden habe, weicht bisweilen sprudelndem, derbem, ausuferndem Witz." Besser kann man es kaum ausdrücken.

Und wie authentisch ist das "Fränggisch"? Lothar Matthäus lässt grüßen: Im Franken-"Tatort" werden Menschen etwa "derschloong" (statt: erschlagen), sodass sie von Lebenden zu "Dooden" werden. Die Dialektforscherin Monika Fritz-Scheuplein urteilt: Högschd authentisch! "Ich habe nichts entdeckt, was nicht gepasst hätte", berichtet sie. Natürlich werde aber eine "gemäßigte Form des Dialekts verwendet", sagt die Forscherin — schließlich sollten die Dialoge ja deutschlandweit verstanden werden. Viele Zuschauer hatten die Sprache im Franken-"Tatort" als "künstlich" kritisiert.

(tojo)
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