„Tatort“ aus München Ein Roadmovie mit "Reichsbürgern"

München · Auf der Suche nach dem Mörder geht es für die Münchener Kommissare diesmal in die bayerische Provinz. Ein junger Mann liegt mit aufgeschnittenen Pulsadern tot in der Badewanne. Vieles spricht für Selbstmord - wenn nicht das Messer fehlen würde.

 Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec,l) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) stehen vor einem Tor.

Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec,l) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) stehen vor einem Tor.

Foto: dpa/Hendrik Heiden

Die Münchener Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) sind erst ratlos, finden dann aber immerhin heraus, dass der Tote in Verbindung zu "Freiländern" stand, die in der niederbayerischen Provinz einen eigenen Staat gründen wollen.

Widerwillig machen sich die Kommissare auf den langen Weg in die Provinz, wo sie auf den rätselhaften "Freiland"-Anführer Ludwig Schneider (Andreas Döhler) treffen. Auf einem mit Stacheldraht eingezäunten Bauernhof lebt Schneider mit seinen Anhängern scheinbar autark und isoliert von der Außenwelt. Die Kinder werden privat unterrichtet, auf dem Acker ballern junge Männer auf leere Bierflaschen, und in einer Art Callcenter werden notorische GEZ-Verweigerer juristisch beraten. Schneider verweigert natürlich jegliche Kooperation mit den Kommissaren und spult die Hitparade der "Reichsbürger"-Szene ab.

Die Bundesrepublik existiere nicht, alle Personalausweise seien ungültig, von deutschen Beamten müsse er sich als "Freiländer" gar nichts sagen lassen. Und überhaupt seien Leitmayr und Batic dumme Marionetten der USA und Israels. Beschützt wird Schneider von einer Schar volltätowierter Schläger, irgendwo zwischen Neonazi und Dorftrottel. Dennoch ahnen die Kommissare schnell ein mögliches Mordmotiv: Es stellt sich die Frage, auf wessen Name das Grundstück des "Freilandes" eigentlich im Grundbuch eingetragen ist.

Autor Holger Joos und Regisseur Andreas Kleinert ist vorzuwerfen, dass sie "Freies Land" mit zu vielen Handlungssträngen und Stilmitteln überfrachtet haben. Der Film versucht, das Phänomen "Reichsbürger" zu beleuchten und die Frage zu beantworten, wie die Gesellschaft mit Leuten umgeht, die man mit Fakten nicht mehr erreichen kann. Wie zum Beispiel soll ein Polizist reagieren, wenn er von gewaltbereiten Jugendlichen mit unsinnigen Vorwürfen provoziert und dabei mit dem Handy gefilmt wird? Zugleich erinnern viele Szenen an ein romantisches Roadmovie mit schöner Landschaft und zwei grauhaarigen Kommissaren im bajuwarischen Outback, die sich wie Pennäler über die Musik im Radio streiten. Zum Abendbrot gibt es fies aussehende Currywurst mit dünner Soße aus einem dubios aussehenden Automaten und ein paar lockere Sprüche.

Für sich genommen ist das unterhaltsam, nach einem roten Faden sucht der Zuschauer aber vergeblich. Wer am Ende der Mörder ist, dürfte so manchem Zuschauer ab 21.15 Uhr schon egal sein. Es scheint leider, als hätten die Macher irgendwo zwischen politischer Debatte, Roadmovie-Romantik und Kumpel-Humor vergessen, welche Geschichte sie da eigentlich erzählen wollen. Schade.

"Tatort - Freies Land", Das Erste, So., 20.15 Uhr

(csi)
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