„Tatort“ aus Frankfurt Frauen – die besseren Entführer

Frankfurt · Der erste „Tatort“ nach der Sommerpause vermittelt eine einfache Botschaft: Frauen sind die besseren Menschen. Der Krimi ist eher eine Groteske als eine Sozialstudie.

 Konrad Seibold (Bernhard Schütz) – hier im Gespräch mit Frau Schöne (Corinna Kirchhoff) – will kein Lösegeld für seinen entführten Sohn zahlen.

Konrad Seibold (Bernhard Schütz) – hier im Gespräch mit Frau Schöne (Corinna Kirchhoff) – will kein Lösegeld für seinen entführten Sohn zahlen.

Foto: dpa/Bettina Müller

An diesen Entführern verzweifelt nicht nur die Polizei. Was sind das bloß für Amateure, fragt sich Konrad Seibold (Bernhard Schütz) angesichts eines abgetrennten Zeigefingers, den die Kriminellen geschickt haben, um ihrer Forderung nach vier Millionen Euro Lösegeld Nachdruck zu verleihen. „Wenn ich der Entführer wäre, hätte ich ihm doch den kleinen Finger abgeschnitten“, erklärt der wohlhabende Anwalt den Frankfurter Ermittlern Anna Janneke ­(Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) ungerührt. Schließlich trage sein Sohn Frederick dort eine Tätowierung. Seibold vermutet, der nichtsnutzige Filius stecke hinter der Tat, deshalb will er nicht zahlen. „Entweder ist Seibold gestört, oder er hat ’ne Leiche im Keller“, sagt Janneke verständnislos.

Damit kommt in dem Fall „Wer zögert, ist tot“ weiteres Ungemach auf die vier Entführer zu, die ihr Gesicht hinter Hundemasken verbergen. Denn natürlich verfolgt Seibold Senior seine eigene Agenda, der Anwalt befürchtet, dass sein Sohn ihn mit brisanten Papieren kompromittieren könnte. Und schon beim Kidnapping läuft alles schief, ein Entführer schlägt so unglücklich mit dem Kopf auf, dass er tot zurückbleibt. Die anderen Drei müssen nicht nur mit diesem Verlust klarkommen, sondern nun auch noch eine Leiche verstecken. Da Seibold nicht zahlen will, bleibt ihr Opfer ihnen länger erhalten als gedacht.

Wer aufmerksam in diesem ersten „Tatort“ nach der Sommerpause hinschaut, bemerkt, dass diese Entführer anders sind als andere Grobiane. Ihr Opfer bekommt Salat zu den Mahlzeiten, ein paar Kirschtomaten zum Butterbrot. Welcher Entführer achtet schon so auf die ausgewogene Ernährung seines Opfers?

Als eine Frauenleiche gefunden wird, an der DNA-Spuren von Frederick Seibold haften, konzentrieren sich die Ermittler auf Frauen als Täter. Der Zuschauer weiß bereits, an wessen Fersen sie sich heften sollten. Da ist die alleinerziehende Bille, die mit Frederick zwei Kinder hat und der er keinen Unterhalt zahlt. Und da ist Conny, die Betreiberin eines Kampfsportstudios, die im Namen von Konrad Seibold von ihrem Standort vertrieben werden soll. „Alle diese Frauen buckeln sich krumm und kommen auf keinen grünen Zweig“, sagt Janneke.

Sozialkritische Krimis hat es zuletzt am Sonntagabend häufiger gegeben, in denen sich vor allem unterdrückte und benachteiligte Frauen gegen „das System“ zur Wehr setzen. Regisseurin und Drehbuchautorin Petra Lüschow wählt jedoch nicht den Weg des Sozialdramas, sondern inszeniert eher eine unterhaltsame Groteske. Die Männer, Seibold Junior und Senior, sind arrogante Egoisten, die andere schlecht behandeln und einen Kater vermenschlichen. Die Frauen hingegen arbeiten fürsorglich in einem gleichberechtigten Kollektiv: Alles wird fair geteilt – vier Frauen, vier Millionen.

„Wir Frauen sind eindeutig zu nett erzogen“, doziert Conny bei einem Workshop zur Selbstverteidigung in ihrem Studio. Sie und ihre Komplizinnen haben entschieden, zurückzuschlagen, nichts mehr hinzunehmen. Die Botschaft des Films ist klar: Frauen sind die besseren Menschen – und Entführer. Ihr Plan war gut, wenn ihn nicht die Männer durch ihre egomanischen Aktionen durchkreuzt hätten. Die Geschlechterrollen sind simpel schwarz-weiß gehalten. Allzu ernst darf man dies nicht nehmen, ganz amüsant ist es stellenweise aber schon.

„Tatort – Wer zögert, ist tot“, Das ­­Erste, So. 20.15 Uhr.

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