„Tatort“ aus Berlin Kaffee-Roboter als Mordverdächtiger

Berlin · Der „Tatort“ am Sonntag ist ein cooles Berlin-Porträt. Die Ermittler Rubin und Karow müssen in „Tiere der Großstadt“ gegen eine Maschine ermitteln.

 Ein Vollautomat der anderen Art: Im automatischen „Robista Coffee“-Kiosk wurde eine Leiche gefunden.

Ein Vollautomat der anderen Art: Im automatischen „Robista Coffee“-Kiosk wurde eine Leiche gefunden.

Foto: rbb/Conny Klein

Vor der Gedächtniskirche überquert ein Wildschwein die Straße, ein Schwarm Tauben zieht am Himmel vorbei, und ein Fuchs lässt sich von Kommissarin Nina Rubin (Meret Becker) gar nicht irritieren. „Tiere der Großstadt“ heißt der neue Fall aus der Hauptstadt, und zumindest dank dieser Einstellungen ist schnell klar, dass Berlin ein Dschungel ist.

Und das nicht nur für Vierbeiner. Drei Partygänger finden nachts in einem vollautomatischen Kaffee-Kiosk eine Leiche. Und was macht man da als Erstes? Natürlich ein Selfie. Die Ermittler Rubin und Robert Karow (Mark Waschke) stellen fest, dass es sich bei dem Toten um den Betreiber des „Robista Coffee“ handelt, der mit einem Metallstift, der die Herzchen in den Milchschaum malt, erstochen wurde. Eine mega-moderne Kaffeemaschine als Mordverdächtigen hat man schließlich auch nicht alle Tage.

Also informieren sich die beiden beim Hersteller über Roboter, fabulieren über Künstliche Intelligenz und wie Roboter unser Leben zum Guten und zum Schlechten verändern werden. Die Witwe des Getötete macht allerdings auch nicht den menschlichsten Eindruck: Sie wirkt sehr kühl, ihre ganze Liebe scheint ihren Katzen zu gelten, für die sie ihren edlen Berliner Altbau-Dielenboden mit einer Art Holzstreu belegt hat. Und dann gibt es noch eine zweite Leiche: Eine Joggerin wird tot im Wald gefunden, und die Kommissare müssen herausfinden, ob die beiden Fälle miteinander zu tun haben.

Dabei haben sie so viel mit sich selbst zu tun. Rubin trauert ihrer Familie hinterher („Sie war immer meine kugelsichere Weste“), hat öfter mit den Tränen und der miesen Laune ihres Kollegen Karow zu kämpfen. In der besten Szene des Krimis lässt sie sich von ihrem Sohn Tolja, der seit kurzem den Führerschein hat, durch Berlin chauffieren und bombardiert ihn mit Anweisungen und Ermahnungen.

Kriminalistisch ist der Fall – abgesehen von der moralischen Diskussion über die Verantwortung von Maschinen – halb spannend. Gelungen ist „Tiere der Großstadt“ aber trotzdem: Regisseur Roland Suso Richter („Dschungelkind“, „Mogadischu“ ) inszeniert ihn als Porträt der Hauptstadt, das deren Rauheit und Reiz in den Fokus nimmt. Nils Frahm ist dazu ein atmosphärischer Soundtrack gelungen. Thematisch ist er aber überfrachtet: Gendefekte bei Kindern, Einsamkeit im Alter, die Macht der modernen Roboter und die Liebe, die wie so oft im Krimi in Schmerz und Wut endet. Und um wen Karow trauert, erfahren wir wohl erst im neunten Fall.

„Tatort – Tiere der Großstadt“, Das Erste, So., 20.15 Uhr.

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