Einsparungen bei Produktionsstandards Neuer SWR-Intendant hält Zusammenarbeit mit Netflix für möglich

Stuttgart · Als „Tagesschau“-Chef hat er sich immer wieder dem Gespräch mit Kritikern gestellt. Jetzt übernimmt Kai Gniffke den Chefposten beim SWR und will einiges auf den Prüfstand stellen. Die zweitgrößte ARD-Anstalt muss sich auf Veränderungen einstellen.

 Kai Gniffke, neuer SWR-Intendant, spricht in Stuttgart.

Kai Gniffke, neuer SWR-Intendant, spricht in Stuttgart.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Der neue SWR-Intendant Kai Gniffke will die Produktionsstandards senken, um mehr Geld in den Journalismus stecken zu können. „Wir sollten nicht ins Programm schneiden, sondern wir müssen deutlich günstiger produzieren. Dort liegt unsere Zukunft“, sagte Gniffke der Deutschen Presse-Agentur. „Wir müssen unsere Produktionsstandards dort absenken, wo es möglich ist.“

In manchen Fällen sei kein großer Ü-Wagen mehr nötig, da reiche ein Smartphone zur Übertragung, betonte der bisherige Chefredakteur von ARD-aktuell in Hamburg. „Die Technik hilft uns da sehr. Kleinstequipment liefert heute eine bestechende Bildqualität.“ Tägliche Sendungen und Magazine ließen sich auch mit weniger Menschen als bisher produzieren. „Die Differenz will ich in Journalismus investieren.“

Gniffke tritt zum 1. September die Nachfolge des SWR-Intendanten Peter Boudgoust in Stuttgart an. Er will dann einiges auf den Prüfstand stellen. Dazu gehört auch die im Mai gestartete TV-Talkshow mit der Bestseller-Autorin Gaby Hauptmann: „Ich sag ganz offen: "Talk am See" ist noch nicht da, wo wir hinwollen.“

Bei den Serien und Dokumentationen wolle der SWR stärker werden: „Ich weiß, dass man nicht jede Woche "Aenne Burda" oder "Big Manni" machen kann, aber damit zeigen wir ja bereits: Wir haben’s drauf, wir haben die Kompetenz dafür.“

"Die besten TV-Serien" von "Taschen": Ein absolutes Muss für Serienjunkies
20 Bilder

Bildband: "Die besten TV-Serien"

20 Bilder
Foto: EVERETT COLLECTION, INC.

Gniffke will dem Streamingdienst Netflix Konkurrenz machen, kann sich aber testweise auch eine Zusammenarbeit vorstellen. „Wir haben ja mit "Babylon Berlin" schon mal Neuland betreten zusammen mit Sky. Das hat auch ganz gut funktioniert“, sagte er. „Ich tue mich mit der Kooperation mit Netflix noch etwas schwer, denn im Moment sind wir nun mal Wettbewerber in einem wichtigen Markt - was uns vielleicht aber nicht hindern sollte, mal einen Versuchsballon zu starten.“

Der neue Intendant plant auch einen Umbau in der Führungsstruktur der zweitgrößten ARD-Anstalt. Die beiden SWR-Programmdirektoren Christoph Hauser und Gerold Hug gehen Ende November und Ende Januar in den Ruhestand. „Einige Aufgaben werden wohl anders verteilt werden“, kündigte Gniffke an. „Wir suchen jetzt Direktorinnen oder Direktoren, von denen wir überzeugt sind, dass sie für den veränderungsbereiten Typus von Führungskraft stehen, denen auch ganz klar sein muss, dass diese Direktionen nicht so bleiben, wie sie sind.“

In Baden-Baden soll ein SWR-Innovationszentrum entstehen, das sich mit der Start-up-Szene vernetzt und mit Hochschulen zusammenarbeitet. „Mein Anspruch ist es, dass der SWR Motor der Digitalisierung und Innovation in der ARD wird. Nicht nur bei der Formatentwicklung, sondern auch bei Produktionsweisen und neuen Plattformen.“

(anst/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort