TV-Kritik "Studio Amani" Enissa Amani will mit Meerschweinchen und Polit-Satire punkten

Köln · Am Montagabend hat ProSieben die erste Folge von "Studio Amani" ausgestrahlt – auf dem alten Sendeplatz von Stefan Raabs "TV total". In 50 Minuten Sendezeit erlebte der Zuschauer eine etwas bemüht wirkende Enissa Amani zwischen guter politischer Satire und albern anmutenden Comedy-Formaten. Potenzial hat die Sendung der Kabarettistin aber dennoch.

Am Montagabend hat ProSieben die erste Folge von "Studio Amani" ausgestrahlt — auf dem alten Sendeplatz von Stefan Raabs "TV total". In 50 Minuten Sendezeit erlebte der Zuschauer eine etwas bemüht wirkende Enissa Amani zwischen guter politischer Satire und albern anmutenden Comedy-Formaten. Potenzial hat die Sendung der Kabarettistin aber dennoch.

Enissa Amani braucht nicht viel, um zu unterhalten. Eigentlich braucht sie sogar nur sich selbst. Wenn die wie ein Modepüppchen aussehende Iranerin über die Unterschiede von Deutschen und Menschen mit ausländischen Wurzeln wie sich selbst spricht und dabei gleichzeitig latente und doch nicht zu belehrende Kritik an Fremdenfeindlichkeit übt, hat sie den Zuschauer sofort auf ihrer Seite.

Deshalb steigt sie auch mit ein bisschen Stand-up-Comedy ein in die erste Sendung ihrer neuen, ersten eigenen Show "Studio Amani", vergleicht etwa Deutsche mit der Präzision von Busfahrplänen und erklärt, warum Menschen mit Migrationshintergrund wie sie selbst, das Wort "Kanake" durchaus benutzen können, während dies bei Deutschen eher rassistisch anmutet. Das ist witzig, und als Zuschauer vor dem Fernseher hat man das Gefühl, dass es ein guter Abend werden wird.

Dann beginnen aber die Merkwürdigkeiten, denn in den folgenden gut 40 Minuten schlüpft Amani in verschiedene, stets etwas albern und bemüht wirkende Comedy-Formate, versucht sich beispielsweise als Teleshopping-Verkäuferin, die Intelligenz an Rassisten vertreiben will, oder wetteifert im als Straßenkampf inszenierten Stand-up-Battle mit Comedian Marek Fis darum, welches Land das bessere ist: der Iran oder Polen. Das wirkt etwas aufgesetzt.

Zusammen mit ihrem Studiogast Antoine Monot, vielen bekannt als "Tech-Nick" aus dem Werbespot eines bekannten Elektrowaren-Händlers, lässt sie schließlich Zuschauer aus dem Publikum Geschichten aus ihrem Leben erzählen, und wenn ihr das zu langweilig ist, bewirft sie sie mit einer Torte — wobei sich einem nicht wirklich erschließt, was daran lustig sein soll. Und auch mit dem US-Wahlkampf und Fast-Kandidat Donald Trump beschäftigt sich Amani, indem sie zwei Meerschweinchen — eines, das Donald Trump sein soll und "Trumpy" genannt wird, und eines, das einen Einwanderer darstellen soll — gemeinsam in ein Gehege setzt. Danach passiert nichts mehr mit den Tieren.

Das alles verpackt in 50 Minuten Sendezeit ist ein wenig viel für den Zuschauer, ein roter Faden ist kaum erkennbar. Und dabei braucht es all das gar nicht: Enissa Amani alleine oder im ungezwungenen Interview mit ihrem Studiogast ist völlig ausreichend. Amani braucht keine Meerschweinchen oder albernen Stand-up-Duelle, um zu unterhalten, und genau deshalb hat ihre Late-Night-Show auf dem alten Sendeplatz von Stefan Raabs "TV total", wo sie selbst einst ihre Karriere startete, auch Potenzial. Amani kann unterhalten, auch in einer eigenen Show. Daher kann sie sich getrost von einigen der etwas zu bemüht wirkenden Formate trennen.

Verübeln kann man ihr diesen ersten Auftritt in ihrer Show indes nicht: Von der ersten Minute bis zur Abmoderation merkte man der Kabarettistin ihre Anspannung förmlich an, schließlich ist es auch ein großes Erbe, das Enissa Amani auf diesem prestigeträchtigen Sendeplatz antritt. Aber wird sie ein neuer Stefan Raab sein, oder — besser gefragt — muss sie das sein?

Die Antwort muss Nein sein, denn die Devise darf nicht lauten, einen neuen Raab zu finden, sondern andere Formate, andere Künstler, die auf eine ganz andere Weise unterhalten. Und das kann Enissa Amani. Es lohnt sich deshalb, auch in der kommenden Woche noch einmal einzuschalten bei "Studio Amani".

(lai)
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