Fünfte Stafel „The Expanse“ in der Kritik The Expanse: Neue Staffel setzt stark auf die Charaktere

Am 16. Dezember startet die 5. Staffel der Science-Fiction-Serie „The Expanse“. Statt die Story mit Action zu überladen, setzen die Macher auf menschliche Geschichten und komplexe Charaktere. Die Reihe ist exklusiv bei Amazon Video zu sehen.

 The Expanse 5. Staffel

The Expanse 5. Staffel

Foto: Amazon Studios

In der 5. Staffel rudert „The Expanse“ zurück: Standen in der vierten Staffel die Probleme auf der fernen Kolonie Ilos im Mittelpunkt, geht es nun zurück in unser Planetensystem. Und um den Charakteren etwas mehr Raum zu lassen, trennt sich die Mannschaft des längst legendären Raumschiffs „Rocinante“ oder kurz „Roci“. Die muss ohnehin überholt werden. Und der Held der vergangenen Staffeln, James Holden, bleibt folgerichtig auf ihr zurück. Zumal seine Geliebte und 1. Offizierin Naomi ihn bei der Suche nach ihrem Sohn Felip ausschließt. Wie sich in der vierten Staffel bereits abzeichnete, macht sie sich alleine auf den Weg. Und der stets gewaltbereite Cheftechniker Amos muss sich um Angelegenheiten auf der Erde kümmern. Roci-Pilot Alex will nach den Ereignissen auf Ilos dagegen versuchen, das zerrüttete Verhältnis zu seiner Frau und seinem Sohn auf dem Mars zu kitten.

Doch gerade diese Trennung des Teams gibt einigen Figuren die Chance, über sich selbst hinauszuwachsen. Vor allem jene, die bislang ein wenig im Schatten der Ereignisse standen. Denn natürlich läuft nichts so, wie es sich die Charaktere vorgestellt haben. Und dafür gibt es einen Grund: Der Konflikt zwischen Erde, Mars und den Gürtlern, den Bewohnern des Asteroiden-Gürtels und der äußeren Planeten, eskaliert erneut. Nachdem sich die Spannungen scheinbar etwas gelegt hatten, flammen sie wieder auf. Und die Ursache ist der unterschätzte Pirat und Glücksritter Marco Inaros. Der entpuppt sich als gefährlicher Extremist, der mit aller Macht die entrechteten Gürtler befreien und aus dem Griff von Mars und Erde lösen möchte. Die Bewohner der Asteroiden und äußeren Welten sollen ein neues Selbstbewusstsein entwickeln und zu einer Nation werden.

Das wollten in den Staffeln zuvor bereits einige andere Anführer. Doch Inaros geht nicht nur weiter als sie, sondern er plant seine Züge mit kühler Intelligenz. Zudem hat er das Charisma, um Massen hinter sich zu vereinen. Gleichzeitig ist er manipulierend, skrupellos, grausam und bereit, über Millionen Leichen zu gehen.

„Er wird nicht für dich sterben, aber er möchte, dass du für ihn stirbst.“ Dieser Satz von Naomi fasst den Charakter von Inaros zusammen. Und sie kennt ihn nur zu gut: Schließlich ist er der Vater ihres Sohnes Felip, den er ihr vor Jahren weggenommen hat – als sie ihm nicht mehr folgen wollte. Und das gibt Naomis Darstellerin Dominique Tipper endlich die Chance, die Stärken, aber auch die Schwächen ihres Charakters zu ergründen: Wir erfahren mehr über ihre Vergangenheit und über Inaros. Und der ist einer der faszinierendsten Figuren in einer TV-Serie seit langer Zeit. Nach einer mitreißenden Rede möchte man ihm sofort folgen - wenn nicht so viel Blut an seinen Händen kleben würde.

Aber auch Amos lernen wir auf seiner Reise von einer anderen Seite kennen. Schien er bislang ein blutrünstiger Soziopath zu sein, erfahren mehr über sein Weltbild und seinen Werdegang. Und wir sehen seine überraschend fürsorgliche Seite. So ganz bricht die Mauer zwar nicht zusammen, hinter der er sich versteckt. Aber sie bröckelt zumindest ein wenig. Daneben fällt die Geschichte um Alex ein wenig ab. Und James Holden bleibt eben James Holden: Schauspieler Steven Strait hat in der fünften Staffel tatsächlich etwas weniger zu tun und tritt für die anderen Figuren zurück.

Natürlich ist „The Expanse“ keine reine Charakterstudie. Doch Effekte und Action werden eher spärlich und sehr gezielt eingesetzt. Dadurch aber verlieren sie ihre Wirkung nicht. Und es sind tatsächlich einige gewaltige Dinge, die passieren und das Machtgefüge im Sonnensystem zu zerreißen drohen. Das ist aber stets geschickt verwoben mit den Schicksalen der Figuren – ohne den roten Faden zu verlieren.

Es wird vielleicht nicht jedem gefallen, dass die fünfte Staffel von „The Expanse“ so sehr auf die Charaktere setzt und ihnen Raum lässt. Trotz aller großen Ereignisse geht es generell etwas gesetzter zu. Tatsächlich wäre es einfacher gewesen, alles unter einem Actionfeuerwerk zu begraben. Aber eben das haben die Macher vermieden. Das Ergebnis ist eine der innigsten Erzählungen bislang in „The Expanse“. Und nach wie vor besticht die Serie mit einer realistischeren Darstellung von Raumfahrt als in vielen anderen Science-Fiction-Reihen. Die Welt wirkt nicht abgehoben futuristisch, sondern verwurzelt in unserer Gegenwart. Und für Probleme werden intelligente Lösungen gefunden.

Kenner der Serie werden nun fragen, was mit den Artefakten und Relikten ist, die eng verbunden sind mit einem großen Krieg zweier verfeindeter außerirdischen Rassen vor langer Zeit. Die spielten in den vorherigen Staffeln eine große Rolle. Nun rücken sie in den Hintergrund. Und doch gibt es einen kleinen Ausblick auf die sechste und letzte Staffel – als James Holden davor warnt, dass nicht alles aus der Vergangenheit auch tatsächlich vergangen ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort