Fünfte Staffel von „The Crown“ Die dunkelsten Jahre in der Regentschaft der Queen

Düsseldorf · Rosenkrieg im Hause Windsor: In der fünften Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ versucht Diana, die Monarchie zu sprengen. Elizabeth Debicki liefert eine großartige Vorstellung als Princess of Wales. Das Urteil gilt nicht für alle neuen Folgen.

"The Crown": Diese Schauspieler spielten die Hauptrollen
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„The Crown“ – Diese Schauspieler spielten die Hauptrollen im Laufe der Jahre

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Foto: Netflix/Keith Bernstein

„Verlässlich und beständig, in der Lage jedem Sturm zu trotzen“: So beschreibt Queen Elizabeth in der fünftten Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ die Qualitäten der königlichen Yacht, mit der sie seit ihren frühen Amtsjahren durch die Welt geschippert ist. Und natürlich spricht sie auch über sich selbst und ihre historische Aufgabe in der parlamentarischen Monarchie Großbritanniens. „Manchmal sind diese alten Dinge zu teuer, um sie weiter zu reparieren,“ kontert Prinz Charles (Dominic West), und auch er spricht nicht nur über das Schiff, dessen Unterhalt die britischen Steuerzahlerinnen ein Millionenvermögen kostet.

Der Sohn träumt von einer Modernisierung der Monarchie und davon, selbst möglichst bald den Thron zu besteigen. Man schreibt das Jahr 1991 und wir wissen: Der ehrgeizige Prinz of Wales wird noch mehr als drei Jahrzehnte warten müssen, bis er nach dem Tod der hochbetagten Regentin am 8. September 2022 das Amt im Alter von 73 Jahren übernehmen wird.

Natürlich konnte Serienschöpfer Peter Morgan, der nun schon über fünfzig Episoden die lang anhaltende Regentschaft der Monarchin verfolgt, nicht ahnen, dass Elizabeth II. nur zwei Monate vor dem Start der fünften Staffel sterben würde. Aber es ist auffällig, dass Nachfolger Charles in diesen zehn neuen Folgen deutlich mehr Raum eingeräumt wird als der Königin selbst.

Für die Queen, die in der rundum erneuerten Besetzung nun im fortgeschrittenen Alter von Imelda Staunton verkörpert wird, sind es die dunkelsten Jahre ihrer Amtszeit. Dabei erschüttern nicht politische Turbulenzen den Thron, sondern die innerfamiliären Zersetzungskräfte im Hause Windsor. Hatte sich die letzte Staffel noch gleichermaßen mit der interessanten Macht-Beziehung zwischen Elizabeth und Margaret Thatcher sowie mit den sich anbahnenden Eheproblemen von Charles und Diana beschäftigt, rückt nun der Rosenkrieg des Thronfolgerpaares gänzlich in den Fokus der Erzählung.

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Foto: dpa/Jenny Kane

Über mehrere Folgen wird die Chronologie der öffentlichen Skandale aufgefächert. Angefangen von Andrew Mortons Biografie, für die Diana (Elizabeth Debicki) dem Autor tiefe Einblicke in die dysfunktionale Familienstruktur lieferte, über ein Interview der BBC, in dem die Prinzessin von den qualvollen Ehejahren und ihren Selbstmordgedanken berichtete, bis hin zu jenem abgehörten, intimen Telefonat zwischen Charles und seiner Geliebten Camilla Parker Bowles (Olivia Williams), das als „Tampongate“ in die britischen Boulevard-Historie einging.

Anders etwa als Pablo Larraíns Kinofilm „Spencer“ verweigert sich Morgan in seiner Serie der einseitigen Parteinahme im Ehekrieg. Vielmehr interessiert er sich für die destruktive Dynamik des Paares innerhalb der strengen höfischen Konventionen. Immer wieder ist vom Königshaus als dem „System“ die Rede, das keine Gnade kennt und individualistische Glücksbestrebungen rigoros behindert. Allerdings wird dieser Diskurs in einer etwas redundanten Staffel-Dramaturgie über Gebühr ausgewalzt. Ähnliches gilt für Charles Visionen einer modernen Monarchie, die eine größere Nähe zu Volk und kulturellem Weltgeschehen suchen soll.

Dominic West spielt den frustrierten Thronfolger als reifenden Intellektuellen, der aufgrund seiner Eheprobleme nicht ernst genommen wird, sich selbst gerne als tragische Figur in Szene setzt und vergeblich versucht, aus dem Schatten der übermächtigen Mutter herauszutreten. Während Charles um die Reformierung des Systems ringt, versucht Diana, dieses zu sprengen. Der Star der Monarchie wird zur Rebellin, die mit zunehmender Offenheit über ihre seelischen Verletzungen durch den Windsor-Clan spricht. Elizabeth Debicki liefert in der Rolle der Princess of Wales die mit Abstand stärkste Performance ab. Fragilität, Aufmüpfigkeit, Depression und Lebensgier sind in ihrem Spiel oft nur einen Lidschlag voneinander entfernt und verschmelzen zu einem äußerst differenzierten Porträt.

Dazwischen leistet sich Staffel fünf ein paar Exkurse, in denen Jonathan Pryce die Agilität des königlichen Ehemannes Prinz Philip zum Leuchten bringt, Prinzessin Margaret (Lesley Manville) noch einmal ihre alte Flamme treffen darf, die Queen ins frisch demokratisierte Russland reist oder vom Aufstieg des ägyptischen Multimillionärs Mohammed Al-Fayed (Salim Daw) erzählt wird, dessen Sohn Dodi (Khalid Abdalla) der letzte Liebhaber Dianas sein wird.

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Foto: Netflix

Wurden in der letzten Staffel die privilegierten Probleme der Royals konsequent mit den dramatischen Auswirkungen des Thatcherismus für das gemeine Volk gespiegelt, wird die skandalöse Ehetragödie im Königshaus hier erst in der vorletzten Folge gesamtgesellschaftlich geerdet. Als Ehepaar 31 werden Charles und Diana von einem routinierten Richter geschieden, der an dem Tag schon dreißig weiteren Ehen im Eilverfahren ein Ende gesetzt hat. In kurzen Spots werden die Vorgespräche der anderen Paare gezeigt, deren familiäre Lebensgemeinschaften an sehr viel weltlicheren Problemen und nicht weniger dramatisch gescheitert sind.

Der Perspektivwechsel wirkt jedoch nur noch wie ein verspätetes Alibi für eine Überdosis an elitären Beziehungsproblemen, die in dieser fünften Staffel mit einer gewissen monarcho-voyeuristischen Betriebsblindheit verhandelt werden.

 Dominic West als Prinz Charles und Elizabeth Debicki as Prinzessin Diana.

Dominic West als Prinz Charles und Elizabeth Debicki as Prinzessin Diana.

Foto: AP/Keith Bernstein

Es bleibt zu hoffen, dass „The Crown“ in seiner sechsten und letzten Staffel wieder zu jenem dynamischen Mischungsverhältnis zwischen politischem Zeitgeschehen und königlicher Familiensaga zurückfindet, das dieses Netflix-Hochglanzprodukt in den letzte sechs Jahren ausgezeichnet hat

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