„Only Murders in the Building“ Wie der Münster-Tatort, nur in New York

Düsseldorf · In diesem Krimiserien-Juwel ermitteln Steve Martin, Selena Gomez und Martin Short in einem Mordfall. Die eigentliche Hauptrolle übernimmt aber ein Luxusapartment-Komplex in Manhattan.

 Das Dream Team Steve Martin (v.l.) Martin Short und Selena Gomez

Das Dream Team Steve Martin (v.l.) Martin Short und Selena Gomez

Foto: AP/Craig Blankenhorn

Es ist wirklich ein bisschen viel mit all den neuen Serien, da verliert man leicht den Überblick, es rutscht schon mal ein Titel durch, und meistens macht das nichts, aber diese Produktion sollte man besser nicht verpassen, denn dann ginge viel Lebensfreude verloren. „Only Murders in the Building“ heißt die Serie bei Disney+. Steve Martin hat sie sich ausgedacht, und obwohl der 77-Jährige selbst mitspielt, übernimmt die eigentliche Hauptrolle nicht er, sondern die Stadt New York.

Oder genauer: der Apartmentblock Arconia an der Upper West Side. Er mutet wie eine eigene kleine Stadt in der Metropole an. Einst lebten dort Arbeiter und Bohemiens, seit der Gentrifizierung vor allem Unternehmer sowie aktuelle und frühere Stars, und zu Letzteren gehört der von Steve Martin gespielte Charles. Der war mal Titelheld in einer Kriminalserie mit dem Titel „Brazzos“, aber das liegt lange zurück, und auch sein Nachbar Oliver Putnam (der 72 Jahre alte Martin Short aus „Die Reise ins Ich“) hat schon ruhmreichere Tage erlebt – am Broadway inszeniert der Regisseur jedenfalls seit Jahren nicht mehr. Die beiden mögen sich eigentlich nicht, sie leben gelegentlich grüßend nebeneinander her. Aber als eine rätselhafte und von Selena Gomez (30) gespielte Hausbewohnerin sie zufällig zusammenbringt und alle drei auch noch herausfinden, dass sie Fans desselben True-Crime-Podcasts sind, wird aus Individualisten ein Team.

Und weil gerade ein vermeintlicher Selbstmord passiert ist, der die Hausgemeinschaft beschäftigt, nehmen sie die Ermittlungen auf und veröffentlichen ihre Erkenntnisse in einem Podcast, der denselben Titel wie die Serie trägt. Ihr Nachbar Sting gerät unter Verdacht, auch Shirley MacLaine hat einen flamboyanten Gastauftritt, und Tina Fey, Amy Schumer und Cara Delevingne schließen sich ebenfalls dem Ensemble an. Mancher Star kokettiert in der Rolle mit dem eigenen Image, aber nur so viel, dass es nie Selbstzweck wird, sondern bloß Augenzwinkern ist.

„Only Murders in the Building“ ist Krimi und Comedy zu gleichen Teilen, ein bisschen wie der Münster-„Tatort“, nur in der tollsten Stadt der Welt. Steve Martin und Martin Short inszenieren sich als Exzentriker aus dem 20. Jahrhundert, Selena Gomez sorgt für die Gegenwartsanbindung, und immer wenn es allzu herzlich zu werden droht, würzen die Drehbuchautoren mit Sarkasmus nach. Die Serie lebt vom Timing der Dialoge und von diesem großartigen Gebäudekomplex.

Die Dreharbeiten haben in dem 1909 errichteten und für 1500 Menschen ausgelegten Belnord in Manhattan stattgefunden. Ihm könnte man eine eigene Dokuserie widmen, sie würde nicht langweilig werden. Es war damals das größte Apartmentgebäude der Welt, sein Innenhof ist gigantisch. Der Schauspiel-Lehrer Lee Strasberg lebte dort, er bekam oft Besuch von seiner Schülerin Marilyn Monroe. Walter Matthau war sein Nachbar, außerdem Literaturnobelpreisträger Isaac Bashevis Singer. Wenige hundert Dollar Miete kosteten die Wohnungen einst, irgendwann übernahm ein Investor das Haus, nun werden die Einheiten für 3,6 bis 11 Millionen Dollar angeboten, wie die „New York Times“ berichtet.

Manche Folgen von „Only Murders in the Building“ sind experimentell. Eine Episode wird etwa aus der Sicht eines taubstummen Tatverdächtigen erzählt. Und wer wissen will, was echte Cliffhanger sind, sollte sich die Schlusspointen der einzelnen Folgen ansehen. Mann kann gar nicht anders als weiterschauen.

Und, ehrlich gesagt: Nach Ende der soeben veröffentlichten zweiten Staffel kann man gar nicht anders, als nach New York zu reisen.

Info Zwei Staffel gibt es bei Disney+.

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