SPD versus CDU bei „Lanz“ „Die haben doch jedes Mal Schiss, wenn der Söder in eine Talkshow geht“

Düsseldorf · Germany First, Erbschleicherei und Talkshow-Verschwörungstheorien: Im Gespräch mit Paul Ziemiak (CDU) und Lars Klingbeil (SPD) setzt Markus Lanz auf Auseinandersetzung. Das funktioniert selbstredend.

 CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak (l.) und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im Studio von „Markus Lanz“.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak (l.) und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im Studio von „Markus Lanz“.

Foto: ZDF

Am Mittwochabend ist bei „Markus Lanz“ kein regulärer Talk eingeplant, sondern eine etwas kürzere Sendung – und eine Art Duell.

 Die Gäste:

  • Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär
  • Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär

 Darum ging’s:

Um Europapolitik, Merkel und wuchtige Begriffe.

 Der Talkverlauf:

„Die Strippenzieher hinter den Kulissen“ nennt Moderator Markus Lanz seine beiden Talkgäste. Von den Generalsekretären der CDU und SPD möchte er zuallererst Näheres über deren persönliches Verhältnis wissen. Duzen? Ja. Freundschaft? Der Begriff sei in der Politik schwierig, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Aber sie hätten einen engen Draht, es gebe ein Vertrauensverhältnis. Und: „Gerade mache ich mir so ein bisschen Sorgen um ihn.“ Der angesprochene CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak frotzelt zurück: „Das hat er sich vorher aufgeschrieben, da kommen noch andere Sprüche.“

Zunächst erklärt Klingbeil aber, was er mit diesem Spruch meinte: Die CDU arbeite im Panikmodus mit „anti-europäischen Ressentiments“. Er sei geschockt von der Behauptung, dass deutsche Steuerzahler für rumänische Rentner zahlen müssten. Das sei ein Wahlkampf gegen Europa.

Ziemiak holt beim Konter keinen Spruch, sondern einen wuchtigen Begriff aus der Wahlkampfkiste: „Schuldenunion“. „Ein Sozialsystem in Europa, das wird es mit uns nicht geben“, sagt Ziemiak. Das erheitert den Moderator, der darauf verweist, dass es längst eine gemeinsame europäische Kasse gebe.

„Hier wird der Eindruck erweckt: Deutschland bezahlt für den Rest. Und das ist Quatsch“, sagt Klingbeil dazu. Er verweist auf einen gemeinsamen Beschluss, Europa solle eigene Steuern erheben können. Dabei hafte jedes Land für seine Beiträge. Klingbeil könne sich beispielsweise eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene vorstellen, als Einnahmequelle könnte zudem ein europaweiter Emissionshandel dienen.

Mit Blick auf das europäische Wiederaufbauprogramm in der Coronakrise kritisiert Klingbeil zudem: „Da stellt Paul Ziemiak die eigene Geschichte und die Erfolge dieser Legislaturperiode in Frage.“ Ziemiak betont, er sehe das europäische Wiederaufbauprogramm nur als einmaligen Akt. Klingbeil hingegen sieht auch für die Zukunft gemeinsame Standards, etwa einen Korridor, in dem sich der Mindestlohn der Mitgliedsländer bewegt, oder bei der Bekämpfung von Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa. „Germany First?“, fragt schließlich Lanz an Ziemiaks Adresse. Der sieht sich zu Unrecht in eine anti-europäische Ecke gerückt, will aber keine Argumente oder Beweise vorbringen.

Zu Armin Laschets Lachen bei einer Veranstaltung während der Flutkatastrophe sagt Ziemiak: „So etwas darf nicht passieren.“ Lanz wüsste gern, was der Inhalt der Bemerkung war, über die der CDU-Kanzlerkandidat lachte. Da gerät Ziemiak ins Schwimmen. So genau wisse er das nicht, aber es sei etwas Positives gewesen. Für eine Weile versinkt das Gespräch dann in gegenseitige Beschuldigungen der beiden Politiker, Wahlkampf mit fiesen Mitteln zu betreiben. Dann schießt sich Ziemiak auf Scholz‘ Finanzskandal ein, fügt aber hinzu, dass natürlich die Unschuldsvermutung gelte. Klingbeil zeigt sich empört über Laschets Behauptung auf dem CSU-Parteitag, die SPD sei schon immer auf der falschen Seite gestanden. Schließlich erinnert Klingbeil: „Es gibt eine Zeit nach der Wahl, und da müssen wir als Demokraten alle wieder zusammenarbeiten.“

Ziemiak haut derweil den nächsten Kawenzmann raus: die „Erbschleicherei von Olaf Scholz“. Die SPD habe gesehen, dass Merkel gut beim Wähler ankomme, meint der CDU-Generalsekretär. Lanz weist allerdings darauf hin, dass Merkel zuvor ihrerseits „alle sozialdemokratischen Erfolge gekapert“ habe, etwa den Mindestlohn. „Im Grunde imitiert Olaf Scholz sie jetzt in diesem Punkt“, sagt der Moderator. Klingbeil stößt sich indessen an Ziemiaks Wortwahl. „Dieser Begriff der Erbschleicherei zeigt das Verständnis, dass euch das Land gehört, dass euch das Kanzleramt gehört.“

An Begriffen beißt sich auch Ziemiak fest, der Vorwurf der anti-europäischen Haltung etwa scheint da noch nachzuklingen. „Was nicht in ein linkes Denkmuster passt, wird mit diesen Argumenten abgekanzelt“, sagt Ziemiak. Schließlich landet die Talkrunde bei Verschwörungstheorien über Talkshow-Absagen von den SPD-Spitzen Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, befeuert von Lanz‘ Enttäuschung darüber, selbst eine solche kassiert zu haben. Als Klingbeil allerdings fragt, wie oft Laschet denn zu „Lanz“ käme, wirkt der Moderator nachdenklich. „Es gibt eine Geschlossenheit in der SPD, die Paul Ziemiak sich wünscht“, sagt Klingbeil. Wenn seine Parteigenossen in Talkshows aufträten, würden sie alle das gleich sagen. Das sei bei der Union anders. „Die haben doch jedes Mal Schiss, wenn der Söder in eine Talkshow geht, wenn Markus Blume sich öffentlich äußert“, sagt Klingbeil. „Und am Ende kommt Friedrich Merz und reißt alles rein.“

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