SPD-Chef Klingbeil bei „Lanz“ „Putin erreicht das Gegenteil von dem, was er wollte“

Düsseldorf · Im Talk bei „Markus Lanz“ geht es am Dienstagabend um die Ukraine. Für Lanz ist das in weiten Teilen ein SPD-Thema. Doch neben SPD-Chef Lars Klingbeil sitzt auch die Politologin Margarete Klein in der Runde.

 Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ am 8. Februar 2022.

Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ am 8. Februar 2022.

Foto: ZDF

Am Dienstagabend hat die Talkshow „Markus Lanz“ den Russland-Ukraine-Konflikt als Thema erkoren.

 Die Gäste:

  • Lars Klingbeil, SPD-Parteichef
  • Christoph Ploß, CDU-Politiker
  • Claudia Kade, Journalistin
  • Margarete Klein, Politologin

 Darum ging’s:

Um Russland, die Lage an der ukrainischen Grenze und die Haltung der SPD.

 Der Talkverlauf:

Beim Thema „Ukraine“ will Moderator Markus Lanz zuerst einmal über die SPD sprechen. Angesichts der Äußerung von US-Präsident Joe Biden, ein russischer Einmarsch in die Ukraine würde das Aus für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 bedeuten, will Lanz wissen, warum Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Washington Nord Stream 2 nicht erwähnte. Dazu sagt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil: „Es gibt eine abgestimmte Strategie, alle Optionen liegen auf dem Tisch.“ Scholz habe klar gesagt, dass nichts ausgeschlossen sei. Aber: Es sei nicht sinnvoll, sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Karten gucken zu lassen – Putin tue dies ja auch nicht. Der CDU-Politiker Christoph Ploß kritisiert Uneinigkeit in der SPD und das wochenlange Nichtstun von Scholz. „Merkel wäre schon im Dezember nach Washington geflogen“, sagt Ploß. Klingbeil erinnert ihn daran, dass Merkels Politik von einer Ablehnung von Waffenlieferungen geprägt war.

Schier endlos dehnt sich die Zeit, die Lanz dem Wort „Nord Stream 2“ widmet. Er versucht, dem SPD-Vorsitzenden einen ganz bestimmten Satz zu entlocken – eben jenen Satz, den der US-Präsident geäußert hatte. Lanz probiert es sogar mit der Behauptung, Klingbeil würde sich nicht trauen. „Herr Lanz“, erwidert jener, „erklären Sie mir, was bei ‚alles liegt auf dem Tisch‘ nicht dazugehört.“

Klingbeil distanziert sich zudem von Alt-Kanzler Gerhard Schröder. Jener hatte gefordert, das „Säbelrasseln gegenüber Russland“ einzustellen. Klingbeil fasst seine Einschätzung dieser Äußerung in einem Wort zusammen: „falsch“. Das habe er Schröder auch persönlich gesagt. Im Übrigen betonte der SPD-Parteichef: „Gerhard Schröder hat doch in der SPD gar keine Funktion.“

Die Politikwissenschaftlerin Margarete Klein ist zwar Expertin für Osteuropa und Eurasien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, soll nun aber die SPD erklären. Klein sieht in der Partei verschiedene Strömungen in Bezug auf Russland. Anhänger einer traditionellen Ostpolitik wollten Wandel durch Dialog herstellen, während Vertreter einer neuen europäischen Ostpolitik unter anderem die Sicherheitsinteressen osteuropäischer Staaten in Betracht zögen. „Russland ist ein klassisches Thema, an dem sich Debatten entzünden“, sagt die Politologin. Das sei insofern gut, als dass ansonsten zu selten über Außen- und Sicherheitspolitik gesprochen werde. Allerdings sei es zu diesem Zeitpunkt wichtig, Entscheidungen zu treffen und nach außen handlungsfähig zu erscheinen.

Die Journalistin Claudia Kade glaubt: „Das Thema ist in der Bevölkerung nicht populär.“ Die Mehrheit der Deutschen lehne Waffenlieferungen ab, auch Nord Stream 2 sei umstritten. Die Frage, was nach einer Eskalation an der ukrainischen Grenze passiert, findet die Journalistin falsch gestellt. „Wir sind immer reaktiv unterwegs“, sagt Kade. Stattdessen schlägt sie vor, Drohungen mit der Forderung zu verbinden, dass Putin seine Soldaten binnen ein oder zwei Wochen zurückziehe.

Klingbeil ist der Ansicht, dass Putin in gewissem Sinne die Nato stärkt. Der SPD-Politiker hofft, dass alle Mitgliedsstaaten sich nun darauf besinnen, wie wichtig dieses westliche Bündnis sei. Mit einem Zusammenrücken in der EU und in der Nato ergebe sich auch ein Problem für Russland: “Putin erreicht das Gegenteil von dem, was er wollte.“

Die Politikwissenschaftlerin Klein sieht das ähnlich. Wenn der russische Regierungschef so weitermache, sei die Nato-Russland-Grundakte nicht mehr haltbar. Darin sei festgelegt worden, dass neue Mitgliedsstaaten keine Nuklearwaffen und keine permanent stationierten Kampftruppen bekämen. Aggressionen Russlands hätten aber eine stärkere Rückversicherung zur Folge.

Klein verweist zudem auf Löcher in der Logik, es ginge Russland um eine neutrale Pufferzone zum Westen. Vor der Annektierung der Krim im Jahr 2014 sei die Krim ein neutrales Land gewesen. „Das hat es aber nicht davor geschützt, überfallen zu werden.“ Dennoch sieht Klein keinen Anlass für Befürchtungen, Truppen der Nato würden demnächst in der Ukraine kämpfen. Auch das begründet sie mit politischen Verträgen: Es gebe keinen Bündnisfall.

(peng)
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