Polizeiruf 110 aus Magdeburg Sozialarbeiter in der Abwärtsspirale

Magdeburg · Im zweiten "Polizeiruf 110" aus Magdeburg geht es um einen Mord in der Straßenbahn und kriminelle Jugendliche.

Plattenbauten, Industriebrachen und einsame Schneelandschaft - mitten im Sommer sendet die ARD einen Winterkrimi. In einer trostlos wirkenden Umgebung ist der zweite "Polizeiruf 110: Abwärts" aus Magdeburg angesiedelt. Die Leiche eines jungen Mannes wird morgens in einer im Depot abgestellten Straßenbahn gefunden. Der Straßenbahnfahrer hat nichts gemerkt, eine Videoüberwachung gibt es nicht. Der tote Danilo Rink war mehrfach vorbestraft.

Die beiden Kommissare Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Jochen Drexler (Sylvester Groth) stoßen bei ihren Ermittlungen auf den Sozialarbeiter Peter Ruhler (Peter Jordan). Rink war früher einer seiner Schützlinge. Bei einem Verhör von Rinks Freunden lässt Kommissar Drexler Ruhler in einem Nebenraum mithören. Als der Zeuge den Streetworker belastet, verschwindet dieser. Und mit ihm bald auch der 15-jährige Lukas Schenker (Lukas Schust). Brasch und Drexler machen sich auf die Suche. Dabei geraten sie öfter mal aneinander. Denn beide vertrauen voll auf ihre eigene Herangehensweise und wollen keine andere Meinung dulden.

Peter Ruhler gerät im Verlauf des Films immer weiter in eine Abwärtsspirale. Der Zuschauer erfährt von seiner belastenden Vergangenheit. Als Soldat im Kosovo-Krieg überfuhr er bei einem Ausweichmanöver einen Jungen. Das lässt ihn auch viel später nicht los. In "Abwärts" geht es um Schuld und die Frage, wie man sie los werden kann.

So ist Ruhler bekannt als besonders engagierter Streetworker, der immer für "seine" Jugendlichen da ist und alles daran setzt, damit sie ihr Leben in den Griff bekommen. Umso unwahrscheinlicher scheint es, dass er mit dem Tod von Danilo Rink etwas zu tun haben soll. Kommissar Drexler, der Ruhler persönlich kennt, glaubt, dass dieser den 15-jährigen Lukas Schenker decken will, um dem Jungen zu helfen. Tatsächlich ist auch Lukas tiefer in kriminelle Machenschaften verstrickt, als es scheint. Eine schwierige Familiengeschichte tut dabei ihr Übriges.

Der Krimi lebt nicht zuletzt von dem Duell zwischen den beiden Kommissaren. So fragt Doreen Brasch, als es Jochen Drexler nicht gelingt, seinen Wagen zu starten: "Was machen Sie eigentlich, wenn Sie jemanden verfolgen müssen?". Brasch ist emotional und gleichzeitig durchsetzungsstark, auch mal nachgiebig mit den Verhörten, scheut sich nicht, Menschen in den Arm zu nehmen.

Kühl, streng analytisch, mutig wirkt dagegen ihr Kollege Drexler. Er ist derart korrekt, dass er sogar den Straßenbahnfahrer anschwärzen will. Der hat zwar mit dem Mord nichts zu tun, gesteht Drexler aber, am Tatabend nach dem Dienst nicht mehr seinen Wagen kontrolliert zu haben, wie das seine Pflicht gewesen wäre.

Dabei bleibt der Hauptkommissar selbst auch nicht ganz sauber, als er seine Tochter zu sich holt, die von ihrem Freund geschlagen wurde. Und auch Brasch ist privat in Probleme verstrickt. Ihr Sohn sitzt offensichtlich wegen einer Tat mit rechtsextremem Hintergrund im Gefängnis und will nicht von seinen Überzeugungen abrücken.

Vor der Kulisse des verschneiten Magdeburgs entwickelt Drehbuchautor und Regisseur Nils Willbrandt ("Polizeiruf"-Folgen "Falscher Vater", "Zwei Brüder, "Tatort"-Folgen "Leben gegen Leben", "Borowski und das leere Zimmer") einen bedrückenden, psychologisch dichten Krimi, der gekonnt die persönlichen Konflikte der Ermittler mit denen der Verdächtigen verknüpft.

"Polizeiruf 110: Abwärts", ARD, So., 20.15 Uhr

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort