"Slasher" Dies ist zum Glück nicht die neue beste Serie der Welt

Nicht überragend, nicht originell, nicht bewegend - zuerst war unser Autor enttäuscht über die Qualität der kanadischen Horror-Serie "Slasher". Doch dann entdeckte er die Vorteile, eine mittelmäßige Serie zu gucken.

 Jetzt bloß nicht ins Haus flüchten und die Treppe hochrennen.

Jetzt bloß nicht ins Haus flüchten und die Treppe hochrennen.

Foto: soda studios /13TH Street

Ich hab 'ne Serie geguckt, und du wahrscheinlich nicht. Ganz sicher nicht. Was daran liegt, dass diese Serie nirgendwo abgefeiert wird. Dass sie bei Facebook untergeht. Dass keine Memes durchs Internet fliegen. Und das völlig zurecht. Denn die kanadische Horrorserie "Slasher" hat keinen Hype verdient. Trotzdem habe ich alle acht Folgen der ersten Staffel geguckt — und es nicht bereut.

Schon die Handlung lässt nicht auf welterschütternde Neuentwicklungen des Formats "Serie" hoffen. Die junge Künstlerin Sarah Bennett zieht mit ihrem Ehemann Dylan, einem Journalisten, zurück in ihr Elternhaus, das in der fiktiven kanadischen Kleinstadt Waterbury steht. Eben in diesem Haus wurden ihre Eltern Halloween 1988 von einem als Henker verkleideten Killer dahingemetzelt. Die Mutter war hochschwanger, doch der Killer hat Sarah noch rechtzeitig aus dem Bauch geschnitten.

Keine Achterbahnfahrt, sondern eine mit dem Karussell

Kaum sind Sarah und Gatte einzogen, beginnt — damit war ja kaum zu rechnen — eine Mordserie. Der Täter: eine Person im gleichen Henker-Kostüm wie damals. Bald zeigt sich, dass der Killer nicht wahllos vorgeht. Er tötet die, die eine Todsünde begangen haben — und das ist der halbe Cast. So stirbt in jeder Folge ein Bewohner Waterburys auf grausame Art, aber nicht, wie der Titel "Slasher" nahelegt, ausschließlich durch eine Stichwaffe.

Nichts an dieser Serie überrascht. Die Figuren sind zwar nicht komplett flach, aber doch voller Klischees — mehr hätte die austauschbaren und in Deutschland unbekannten Schauspieler ohnehin überfordert. Da gibt es den karrieregeilen Journalisten, den schlagkräftigen Polizisten, die biestige Nachbarin, den Waffen liebenden Hinterwäldler, den sündigen Pfarrer. Dass alle ein dunkles Geheimnis in sich tragen, verleiht ihnen noch lange keine Tiefe. Serien sind eigentlich eine Achterbahnfahrt, "Slasher" aber fährt mit uns Karussell. Es ist nicht total lahm, aber wir wissen ziemlich schnell, was uns erwartet.

Aber "Slasher" ist keine Drama-Serie, sondern Horror, da gelten ohnehin andere Ansprüche: an Protagonisten, an Logik und Glaubwürdigkeit. Zwar liefert die Serie auch Horrorfans keine neuen Einfälle, aber die Tötungsvorgänge sind solide inszeniert, die Schreckmomente funktionieren regelmäßig, und man will ja dann doch wissen: Wer ist denn nun der Mörder unter der Lederkappe?

Endlich mal zügig eine Serie durchschauen

Das aber änderte nichts daran, dass ich zunächst enttäuscht war von "Slasher". Als großer Fan von John Carpenters "Halloween" hatte ich mir mehr erhofft als diesen im besten Falle soliden Achtteiler. Doch dann wurde ich all der Vorteile gewahr, die es hat, eine Serie zu gucken, die bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.

In Zeiten der endlosen Serienprojekte bin ich froh, mal eine Serie zu schauen, mit der ich nach höchstens einer Woche durch bin und bei der ich nicht denke: Jetzt muss ich unbedingt die zweite Staffel sehen, die dritte und die vierte. Die Macher von "Slasher" haben nicht mal eine Fortsetzung angekündigt. Wenn ich bedenke, dass ich "The Wire" über zwei Jahre geschaut habe und "Breaking Bad" mich ungefähr fünf Jahre begleitete - ich würde auch gerne mal etwas zügig abschließen. Auch bin ich nach der letzten Folge nicht in ein tiefes Loch gefallen. Oh nein, jetzt muss ich so lange auf die Fortsetzung warten, mein Leben ist so leer. Schon jetzt fällt es mir schwer, mich an das Gesicht der Protagonistin zu erinnern.

Ich muss keine Angst vor Spoilern haben, denn es redet ja niemand drüber. Sowieso reden - diese endlosen Diskussionen in der Mittagspause mit den Arbeitskollegen über die neue Folge von und die neue Folge von - fällt alles weg. Die wenigen Verweise auf Legenden des Horrorgenres sind so offensichtlich — im Zweifelsfall: Halloween - dass ich keine Rezensionen lesen muss. Ich brauchte keine Verabredungen absagen, weil ich unbedingt die neue Folge gucken möchte. Weil: Dann schaue ich die nächste Folge eben einen Tag später. Oder nächste Woche. Völlig egal.

Vielleicht ist es das, was mich ausgerechnet ein Horror-Mehrteiler lehrte: Wie es ist, eine Serie endlich mal wieder entspannt zu gucken. Danke, Serie, wie war noch mal dein Name?

"Slasher" ist aktuell auf Netflix zu sehen. Ab 8. Juni läuft die Serie auch auf dem Pay-TV-Sender 13TH Street. Einen Trailer finden Sie hier.

(seda)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort