Premiere für Berliner Privatsender Schwul-lesbisches Radio startet mit Drag Queen als Moderator

Berlin (rpo). Das erste schwul-lesbische Privatradio ist am Sonntag in Berlin auf Sendung gegangen - standesgemäß moderiert von einer Drag Queen.

<P>Berlin (rpo). Das erste schwul-lesbische Privatradio ist am Sonntag in Berlin auf Sendung gegangen - standesgemäß moderiert von einer Drag Queen.

Weißer Anzug, locker aufgeknöpftes Hemd und dunkle Haare, wie mit einer Flasche Olivenöl in Form gezwungen: Antonio Caputo entspricht dem Klischee des Gigolo - abgesehen davon, dass "er" eine Sie ist. Caputo ist "Drag King", eine Frau in Männerklamotten. Künftig moderiert Caputo freitags bei BluRadio 97,2, neben bereits bestehenden Programmfenstern und Internetradios das nach eigenen Angaben erste lesbisch-schwule Privatradio in Deutschland. Am Sonntag ging das Programm in Berlin auf einer eigenen Teilfrequenz auf Sendung.

Das Radio ist stilecht im Szene-Club "Blu" in einem Keller in Berlin-Mitte untergebracht. Ein kleines Studio, nur durch ein Fenster von den Feiernden entlang der violett illuminierten, langen Bar im Club getrennt. Das Nebeneinander gehört zum Konzept. "Wir wollen auch Besucher ins Studio holen und ausfragen", sagt Programmchefin Susanne Matthiessen. Die Moderatoren seien "bekannte Größen aus der lesbisch- schwulen Community" - wie Caputo eben.

Der Radio-Profi Jay Costa holte sich die zur Premierenparty erschienene Prominenz denn auch gleich vors Mikrofon. So erzählte Berlins ehemaliger Finanzsenator Peter Kurth (CDU), wie er seinen jetzigen Freund kennen lernte und plauderte übers Schwul-Sein in der Union. Auch ARD-Moderatorin Tita von Hardenberg ("Polylux"), Schauspieler Georg Uecker ("Lindenstraße") und RBB-Moderator Michael Flotho schauten im Studio vorbei.

Programmchefin Matthiessen ist kein unbeschriebenes Blatt in Medienkreisen. Die 40-Jährige hob bereits BB Radio, das Berliner Info-Radio und die Ostseewelle in Rostock mit aus der Taufe. "Ich finde, dass die Radioszene langweilig ist. Es gibt kaum noch die Möglichkeit, dass die Hörer im Radio vorkommen", klagt sie. Inhaltlich setze der Sender daher auf einen neuen "Mix aus Themen und Typen". Neben Neuigkeiten aus der Szene sollen auch aktuelle politische Themen aufgegriffen werden. Bei der Musik biete BluRadio Club-Musik, Dance und House, kurz: Tanzbares.

Der Sender sei Ausdruck dafür, dass "Homosexualität nicht mehr klein gehalten werden kann", sagt Moderator Caputo. Interesse an der Szene hätten mittlerweile auch viele Heterosexuelle. Dafür spreche die rege Teilnahme am Christopher Street Day im Juni dieses Jahres. Mit BluRadio hätten Schwule und Lesben nun ihre eigene Stimme im Äther. Radioerfahrung hat "er" - auf das "Er" legt sie Wert - keine. Dennoch fühlt sich Caputo dem neuen Job gewachsen. "Vor einem Mikro habe ich keine Hemmungen."

In der Hauptstadt gibt es nach Angaben des Schwulen Museums schätzungsweise rund 350 000 Schwule oder Lesben. Neben Köln ist Berlin damit eine der Homosexuellen-Hochburgen in Deutschland. Hinzu kommt, dass die Stadt mit Klaus Wowereit (SPD) einen bekennend schwules Stadtoberhaupt hat.

Das ausschließlich werbefinanzierte Programm wird zunächst nur freitags bis sonntags zwischen 20.00 Uhr und 2.00 Uhr zu hören sein. Die begehrte Frequenz teilt sich der Sender mit dem Offenen Kanal, Russkij Radio und dem Fremdsprachensender World Radio Network. Sendeplatz am Berliner Himmel war nach dem Aus für das FAZ Business Radio frei geworden. Für das nächste Jahr bestehe sogar Hoffnung auf eine Vollfrequenz, sagt Matthiessen. "Wir werden zunächst nur den lokalen Markt bedienen." Auch eine Ausweitung von BluRadio auf andere Großstädte in Deutschland sei geplant. "Ich habe schon Kontakte nach Hamburg und Köln aufgenommen."

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