„Tatort“-Kritik Drei Männer und eine Vergewaltigung

Freiburg · Die „Tatort“-Folge „Rebland“ aus dem Schwarzwald diskutiert die Möglichkeiten und ethischen Grenzen von DNA-Analysen. Es ist ein Fall mit einer Stärke und drei Schwächen.

 Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) sortieren Bilder von Verdächtigen.

Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) sortieren Bilder von Verdächtigen.

Foto: dpa/Benoit Linder

Worum es ging Eine Frau wird auf dem Weg von einer Party nach Hause vergewaltigt. Beate Schmidbauer (Victoria Trauttmansdorff) will aber kein Opfer sein und versucht, in ihrem Leben einfach weiter zu machen, weil diese Tat nicht über ihr Leben bestimmen soll. Der Krimi „Rebland“ des Schwarzwälder „Tatort“-Teams nimmt dabei einmal eine ungewöhnliche Opfer- und auch Frauen-Perspektive ein. Trauttmansdorff spielt diese Frau so stark und dabei verletzlich, dass es einen wirklich berührt. Am Ende bröckelt ihre Fassade, die sie mit aller Kraft aufrecht erhält, und sie muss sich schmerzhaft eingestehen, dass es ein Weitermachen nach solch einem Erlebnis doch nicht geben kann.

Worum es wirklich ging Der Fall diskutiert die Frage, wie weit die Analyse von DNA-Material gehen darf. Weil bei Schmidbauer genetisches Material eines Mannes gefunden wurde, der auch in Frankreich eine Frau vergewaltigt hat, wächst der Druck auf die Ermittler. Sie wollen Informationen, die sie aus der DNA gewinnen können, für die Tätersuche verwenden – das war aber bei Entstehung des Drehbuchs, beziehungsweise des Films noch nicht in Deutschland möglich. Und so diskutieren sie die ethischen Grenzen des Machbaren. Welche Informationen dürfen sie sich aus dem Erbgut ziehen? Seit Dezember 2019 ist es auch hierzulande der Polizei erlaubt, DNA-Spuren auszulesen – zum Beispiel zu Alter, Haar- und Augenfarbe. So kann der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt werden. Zuvor war nur ein Abgleich mit gespeicherten Proben möglich. Die biogeografische Herkunftsanalyse ist in Deutschland indes nicht erlaubt. Sie würde Rückschlüsse auf den Kontinent zulassen, von dem ein Mensch oder seine Vorfahren kommen. Eine DNA-Analyse nimmt den Ermittlern aber nicht die Arbeit ab, sondern ist ein Baustein, der bei der Eingrenzung eines Kreises von Verdächtigen hilft. Sie kann auch in die Irre führen, weil sie von Wahrscheinlichkeiten ausgeht. Auch im „Tatort“ wird damit jongliert. Wenn die Wahrscheinlichkeit bei 87 Prozent liegt, dass ein Täter blaue Augen haben muss, kann man auch erstmal in die falsche Richtung rennen. Denn das Risiko, dass es doch anders sein kann, liegt bei 13 Prozent.

Was machen die Kommissare? Die Freiburger Ermittler Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) sind in der letzten Folge zusammen im Bett gelandet, deshalb gibt es viele Anspielungen wie „Zu dir oder zu mir“, die durchaus einen Hintersinn haben. Bei der Arbeit gehen sie aber professionell miteinander um, und wieder einmal tricksen sie auch ihre Vorgesetzte aus.

Was war schwach? Das Spiel mit den drei Tatverdächtigen funktionierte nur bedingt. Da ist zum einen der Polizist (Marek Harloff): Er macht die Frauen immer für das Scheitern von Beziehungen verantwortlich, fühlt sich erst angemacht und dann ausgenutzt und fallengelassen. Der zweite Verdächtige (Roman Knizka) heißt Viktor und ist Friseur. Seine Ehe ist in der Krise. Und der dritte ist ein armer Witwer (Fabian Busch), dem das Jugendamt die Tochter wegnehmen will. Alle drei sind schon mal Frauen gegenüber auffällig geworden und verweigern sich der Abgabe einer DNA-Probe aus unterschiedlichen Gründen. Das genügt, um sie zu Verdächtigen zu machen. Leider bleibt der Film dabei an der Oberfläche, es wird nicht genau klar, warum am Ende ausgerechnet einer von den dreien zum Täter geworden ist. Aus Gelegenheit? Aus Frust? Aus Langeweile? Der Krimi gibt keine wirkliche Antwort. Gut ist hingegen, wie der Film deutlich macht, was allen Männern gesellschaftlich droht, wenn eine solche schlimme Verdächtigung im Raum steht. Darum hüte sich jeder mit vorschnellen Urteilen.

Was störte Die vielen Musik-Einspielungen, es wirkte zeitweise wie ein Best-of-Album. Mitunter ergab die musikalische Einlage auch keinen Sinn, zum Beispiel als der Tatverdächtige Viktor mit seiner Frau eine Schnulze singt und dazu am Keyboard klimpert.

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