Finale bei „Promis unter Palmen“ Wie sich eine Generation selbst entwürdigt

Düsseldorf · Das Finale von „Promis unter Palmen“ hebt Fremdscham auf ein neues Level. Die bittere Erkenntnis: Mit dem Alter kommt anscheinend nicht die Weisheit, sondern die Peinlichkeit. Und so gehen die Alt-Promis beim Kampf um die „goldene Kokosnuss“ am Ende leer aus.

 Desiree Nick „tanzt“.

Desiree Nick „tanzt“.

Foto: dpa/SAT.1

Mittwochabend. Nach einer langen Fahrradtour mit Oma geht es mit Schnittchen und Gürkchen vor den Fernseher. Und da taucht plötzlich noch eine andere Frau in Omas Alter auf. Unter Palmen, halb nackt. Sie macht obszöne Bewegungen und seltsame Laute. Sie schreit, schubst Leute und trinkt Alkohol. Was macht das mit einem Kind? Zum Glück hat Oma nicht bei „Promis unter Palmen“ mitgemacht. Stattdessen aber diese andere Dame, Désirée Nick ihr Name. Und die hatte am Mittwoch, beim großen Finale der Show, ihr zweites Comeback.

Sie taucht dort nicht als einzige Vertreterin der Schnittchen- und Fahrradtour-Generation auf. Ronald Schill und Claudia Obert sind auch mit dabei. Sie gehören zu einer Generation, bei der man als Enkelkind behütet aufwachsen durfte. Diese Menschen nun so im TV zu sehen, schockiert auch einen Erwachsenen.

Von den jüngeren Trash-Sternchen ist man nichts Anderes gewohnt. Gemeint sind hier die bis etwa 32- Jährigen. Tobias Wegener, Carina Spack und Janine Pink gehören zum Beispiel dazu. Sie machen sich seit jeher in diversen Formaten wie „Love Island“, „Der Bachelor“ und „Promi Big Brother“ zum Affen. Ja, man erwartet bei ihnen sogar in die Abgründe des menschlichen Niveaus herabzusteigen.

So geht es auch im Finale von „Promis unter Palmen“ weiter. Zwei Spiele sollen von den verbleibenden fünf jungen Hüpfern absolviert werden. Carina verzweifelt beim ersten Match, sie schafft es nicht genügend Tennisbälle mit Eimern zu fangen. Tobi blamiert sich erneut exorbitant beim zweiten Spiel. Er kann sich weder Zahlencodes für eine kurze Zeit merken, noch ist es ihm möglich, ein Puzzle zu lösen. Buchstabieren ist auch nicht so sein Ding. Chancen auf einen Sieg haben damit dann noch Yotta, Janine und Matthias. Alles beim Alten also.

Doch neu ist diese Selbst-Entwürdigung der älteren Generation. Natürlich hatten diese betagten Herrschaften auch schon im Dschungelcamp Gastauftritte. Doch sie wussten sich dort zumindest halbwegs zu benehmen oder schieden sehr früh aus – vielleicht auch, um Schlimmeres zu verhindern. Und jetzt chillen sie da gemeinsam unter Palmen und sagen widerliche Dinge. Ronald Schill interessiert es auch in der letzten Folge der Show blendend, was Janine unter ihrem Kleid trägt.

Fremdscham beschreibt dieses Gefühl nicht mehr, welches das Innerste erschüttert. Es kratzt am Urvertrauen. „Oma und Opa benehmen sich nicht so“, sagt die Stimme im Kopf. Nein, Oma und Opa haben tatsächlich Benehmen. Bei dieser paradiesischen Ü50-Betreuung ist es auch irrsinnig darüber zu streiten, wer hier jetzt wen gemobbt hat. Fakt ist: Hier werden Grenzen überschritten.

Bei Oma wurde man als krankes Kind verhätschelt. Bei „Promis unter Palmen“ geht´s auch um Krankheiten. Gemeinschaftlich wurde zunächst diagnostiziert: Claudia Obert habe ein Alkoholproblem. Wenn dem so wäre, sollte man dieser Frau helfen. Vor allem von erwachsenen Menschen wie Matthias Mangiapane und Désirée Nick kann man so etwas erwarten – wobei von dem kreischenden Meinungs-Fähnchen Matthias erwartet man eigentlich überhaupt nichts mehr. Also nicht verwunderlich, dass sie Claudia Obert zum Trinken animieren. Was stimmt denn nicht mit denen?

Bei dieser Frage sind wir auch direkt bei Bastian Yotta. 43 Jahre alt, somit nicht aus der Schnittchen-Generation. In diesem Alter sollte man allerdings auf Grüppchen-Bildung und kindische Manipulation einen großen Haufen geben. Aber er beherrscht sein Handwerk perfekt, spielt alle gegeneinander aus. Und so jemand gewinnt am Ende auch noch „Promis unter Palmen“ und 100.000 Euro. Was macht das mit einem?

Natürlich werden Verantwortliche gesucht. Der Übeltäter ist auch schnell gefunden: Sat.1. Der Sender hat sogar die angebliche Mobbing-Folge im Netz gesperrt. Da wo Carina Spack mit einer Chips-Tüte knistert und böse Dinge sagt wie „der Unterschied zwischen dir und uns ist, dass zu Hause jemand auf uns wartet.“ Claudia Obert weint. Ja, ist auch fies. Aber was ist denn da vorher gelaufen? Konsequenterweise müsste Sat.1 die komplette Staffel aus dem Netz nehmen. Desiree Nick betitelt Carina Spack als Schlampe, mehrmals. Sie begründet es sogar noch. Wer weiß denn, was Carina für eine Vergangenheit hatte und wie sehr sie diese Aussage verletzt?

Darüber hinaus ist Sat.1 auch in der Pflicht, Kandidaten jedenfalls im Groben über den Verlauf einer Show zu informieren. Tobi hätte im Detail und vielleicht auch mehrmals erklärt werden sollen, dass er sich dort sehr blamieren könnte. Der Arme zerreißt dem Zuschauer das Herz. Das ist ein einziges Bloßstellen. Das ist auch Mobbing. Man hofft auf eine Oma, die ihn einmal ganz dolle drückt und ihm Schnittchen macht.

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