Münster-"Tatort": Die chinesische Prinzessin Professor Boerne unter Mordverdacht

Münster · Im Münster-"Tatort" "Die chinesische Prinzessin" wacht der Professor mit einer Leiche auf. Und Thiel hat einen Filmriss.

Hätte der WDR ein Einsehen und Mitleid mit seinen auserzählten Figuren Thiel und Boerne, dann wäre die kalauernde Krimi-Komödie mit dieser 22. Folge beendet. Denn eine bessere und endgültigere Schluss-Szene, als Orkun Ertener sie in seinem achten "Tatort"-Drehbuch geschrieben hat, wird es für die quotenträchtigen Mätzchen aus Münster nicht mehr geben.

Da sitzen Axel Prahl und Jan Josef Liefers wie Dick und Doof schweigend nach schlafloser Nacht auf einem Sofa und blicken durch die Jalousie von Thiels Chaos-Wohnzimmer in die aufgehende Sonne. Aus der Stereoanlage schmettert Puccinis "Nessun Dorma" aus "Turandot". Und wenn man sich die deutsche Übersetzung der Arie dazu denkt, passt alles: "Niemand schlafe! Niemand schlafe! Auch du, Prinzessin, in deinem kalten Zimmer siehst die Sterne, die beben vor Liebe und Hoffnung!" Was für ein schönes Ende — nur soll es leider nicht sein. Denn das mit der Liebe, das war mal wieder nichts in den 90 Minuten zuvor.

Sex-Szene in Boernes Leichen-Keller

Die beginnen mit einer nächtlichen Hinrichtung im münsterschen Wald, setzen sich fort mit fast so etwas wie einer Sex-Szene in Boernes Leichen-Keller und Thiels etwas niveaulosem Geburtstags-Besäufnis mit Assistentin Nadeshda (Friederike Kempter). Blöd für den Professor: Er wacht ohne jede Erinnerung neben einer Toten auf — und steht ab sofort selbst unter Mordverdacht. Blöd für Thiel: Er hat einen veritablen Filmriss und fragt sich, ob er mit Nadeshda mehr als nur zu tief ins Glas geguckt hat.

Auch sonst geht es Münster-typisch drunter und drüber. Denn die titelgebende und nun tote chinesische Prinzessin Songma, Nachfahrin der chinesischen Kaiserinnenwitwe Cixi, war vor allem Künstlerin und Dissidentin. Und der Kurator ihrer Ausstellung im Westfälischen Landesmuseum ist überzeugt, dass Songma und ihre Gehilfen vom chinesischen Geheimdienst überwacht wurden. Plötzlich ist die Minderheit der Uiguren mit im Spiel, dazu die Mafia, der Fall reicht bis nach Guantanamo und sorgt für diplomatische Verwirrungen.

Installationen mit riesigen Lampions

Für die Folge drehte das Team der "Müller & Seelig Filmproduktion" (die immer mal wieder statt der WDR-eigenen "Colonia Media" heran darf, um Kritik an zu viel Eigenproduktion des Senders abzuwimmeln) im Westfälischen Landesmuseum am Domplatz in Münster, das noch bis Herbst 2014 wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen ist. Die im "Tatort" gezeigten Kunstwerke Songmas, zwei Installationen mit riesigen Lampions und Bambus-Stämmen, hat sich Szenenbildner Alexander Scherer eigens für den Dreh ausgedacht. "Die Installationen wären hier aber als echte Kunst durchgegangen", befand Museumsdirektor Hermann Arnhold am Rande der Dreharbeiten.

Die fanden — zumindest für einige Team-Mitglieder — unter erschwerten Bedingungen statt, da Regisseur Lars Jessen "Grünes Drehen" durchsetzen wollte: Papier sparen, Licht dosieren, Müll vermeiden — und weniger Fleisch beim Catering. Axel Prahls Kommissar-Darstellung ist das gut bekommen: Er guckt so herrlich verhungert in dieser Folge, die zu den besseren Münster-"Tatorten" gehört. Auch wenn man sie eigentlich nicht mehr sehen kann.

(RP)
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