Debatte um Pferdefleisch bei "Hart aber Fair" Plasberg verzweifelt an Pferden und Frauen

Düsseldorf · Der Skandal um falsch deklariertes Fleisch in Nahrungsmitteln nimmt kein Ende. Täglich werden neue Enthüllungen publik. Verbraucher stellen sich zunehmend die Frage: Was können wir noch essen - und wem vertrauen? Am Montag diskutierte die ARD das Thema – der sonst schlagfertige Moderator Plasberg kam an seine Grenzen.

 Moderator Frank Plasberg kam an seine Grenzen. Der Grund: Ilse Aigner und Bärbel Höhn.

Moderator Frank Plasberg kam an seine Grenzen. Der Grund: Ilse Aigner und Bärbel Höhn.

Foto: Screenshot ARD

Der Skandal um falsch deklariertes Fleisch in Nahrungsmitteln nimmt kein Ende. Täglich werden neue Enthüllungen publik. Verbraucher stellen sich zunehmend die Frage: Was können wir noch essen - und wem vertrauen? Am Montag diskutierte die ARD das Thema — der sonst schlagfertige Moderator Plasberg kam an seine Grenzen.

Am Montagabend diskutierte Frank Plasberg in der Sendung "Hart aber Fair" den Pferdefleisch-Skandal. "Wenn die Wurst auf einmal wiehert - was steckt noch in unserem Essen?" - so lautete das Thema der 75-minütigen Sendung.

Als Gäste waren geladen: Ilse Aigner (CSU), Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Silke Schwartau (Ernährungsexpertin von der Verbraucherzentrale Hamburg), Grünen-Politikerin Bärbel Höhn, Jürgen Abraham, Sprecher der Ernährungsindustrie und Schinken-Hersteller, sowie Stefan Genth vom Handelsverband Deutschland.

Plasbergs hochkarätig besetzte Runde zeigte: Der Pferdefleisch-Skandal interessiert, er beschäftigt Wirtschaft, Politik und Verbraucher. Doch die ARD-Sendung offenbarte auch die Hilflosigkeit der Verantwortlichen, dem europäischen Handel mit Fleisch einen legalen Rahmen zu geben. Wenn wir in Deutschland (und damit auch in Europa) an dem Punkt angelangt sind, dass der Kunde nicht mehr weiß, was er kauft, dann wird es kritisch, so der Tenor.

Und so kritisierte Höhn munter Aigner, Aigner schimpfte in Richtung Abraham, Schwartau ätzte gegen Aigner und so weiter und so weiter. Natürlich, die Gäste vertraten ihre Positionen. Und so wurde dem Zuschauer das Dilemma recht schnell bewusst: Alle weisen die Schuld am Skandal um falsch deklariertes Fleisch von sich und sehen sich vielmehr in der Opferrolle.

In diesem wirren Sammelsurium an Meinungen, Vorwürfen und Verteidigungen war es für den Zuschauer nicht leicht, den Durchblick zu behalten, wenn Experten über ein Produkt sprechen, das der Verbraucher nur in verpackter und verarbeiteter Form aus der Tiefkühltrühe im Supermarkt kennt.

Wer ist Schuld am Fleisch-Skandal? Was wird getan, um das Vertrauen des Kunden zurückzugewinnen? Wie weitreichend ist der Skandal wirklich? Welche Abgründe tun sich möglicherweise noch auf?

Zumindest auf Letzteres bekam der Zuschauer eine passable Antwort. Im Einzelgespräch mit Moderator Plasberg kam Adrian Peter zu Wort. Der ARD-Journalist ("Report Mainz") ist Autor des Buchs "Die Fleischmafia" und streute Skandalöses in die Runde. "Wir haben es mit einem Second-Hand-Fleischmarkt zu tun, einem Schrott-Markt für Fleisch" - Raunen und Kopfschütteln bei den Gästen und sicherlich einigen Zuschauern an den Bildschirmen.

Zuvor hatte Plasberg die langen Handelswege des Fleisches quer durch Europa bildlich dargestellt: Von Frankreich nach Zypern, von Zypern in die Niederlande, von dort nach Rumänien, nach Frankreich, nach Luxemburg und schließlich nach Deutschland — wie soll der Kunde da noch reinen Gewissens auf die Gabel schauen und zubeißen?

Lange und undurchsichtige Handelswege — "die lohnen sich nur bei Schrott", sagte Peters. Die Gewinnmargen wären nur deswegen so hoch, weil es sich im minderwertiges Fleisch handele und dieses "keinen Wert mehr hat". Doch dann holte Peters zum großen Schlag aus: "Wir wissen überhaupt nicht, ob dieses Pferdefleisch aus Rumänien schon zehn Jahre in irgendeinem Kühlhaus herum gegammelt ist."

Im Hintergrund murmelte Aigner. Genth und Abraham schüttelten mit dem Kopf, als der Journalist weiter ausführte und involvierten Betrieben und Händlern kriminelle Machenschaften unterstellte. Für Schinken-Hersteller Abraham aber war das Maß voll. "Bevor Sie solche Behauptungen aufstellen, kommen Sie vorbei. Passen Sie auf."

Peters ließ nicht locker. Er berichtete von einem Mann, der ehemals mit vergammelten Schweineköpfen handelte, verurteilt wurde, doch laut Enthüllungsjournalist nach fünf Jahren heute "wieder im Geschäft ist". Mit dieser Info schien Moderator Plasberg erstmals in der Sendung überfordert. "Was macht man denn mit vergammelten Schweineköpfen?" Peters knappe Antwort: "Die tauchen als Wurstabschnitte auf und werden weiter verkauft."

Abraham war der erste, der die Pause des Schreckens durchbrach. Das sei Quatsch. "Alles Vermutungen, die Sie da äußern - und das ist böse." Man dürfe nicht alle über einen Kamm scheren, giftete Abraham mit erhobenem Zeigefinger. Die Sendung war wieder an dem Punkt: Wem kann der Verbraucher noch glauben? Wer hat Recht?

Genau zur richtigen Zeit — zum Ende der Sendung hin - kamen Moderator Plasberg zwei Frauen zur Hilfe: Ilse Aigner und Bärbel Höhn. Sie diskutierten über Dioxin-Eier und Schweinezucht. Die Grünen-Politikerin kritisierte die Landwirtschaftspolitik der CSU-Frau aufs Schärfste. Sie sei lediglich auf Massenproduktion ausgerichtet.

Aigner konterte, was das Zeug hielt: "Wir geben 17 Millionen für Öko-Landbau aus." Die beiden Frauen redeten sich in Rage, als Plasberg den Versuch unternahm, Ordnung in die Runde zu bringen: "Frau Höhn, dürfen wir zu unserem Thema zurückkehren?" Keine Reaktion.

Also schritt Plasberg nach vorne zu den streitenden Frauen, beugte sich hinüber und erklärte verzweifelt: "Wir verlassen gerade das Thema. Und ich bin auch ein bisschen überfordert. Vielleicht liegt es an meinem Alter oder es ist schon zu spät." Höhn und Aigner zeigten sich reumütig. Verlegenes Kichern. "Tschuldigung", flüsterte die CSU-Politikerin und griff nach ihrem Wasserglas. Es wäre ein gutes Schlusswort für die Sendung gewesen.

(nbe)
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