Norbert Blüm äußert sich nach Idomeni-Besuch "Nur um Geschäfte zu machen, brauche ich kein Europa"

Köln · Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hat nach seinem Solidaritätsbesuch im Flüchtlingslager Idomeni seiner Empörung über die europäische Politik Ausdruck verliehen. Wenn Geschäfte Vorrang vor Menschen habe, könne man den Laden auch schließen.

 Norbert Blüm im Flüchtlingslager in Idomeni in seinem Zelt.

Norbert Blüm im Flüchtlingslager in Idomeni in seinem Zelt.

Foto: dpa, nie pil

"Wenn Europa noch etwas mit dem Christentum zu tun hat, dann muss es sich von leidenden Kinderaugen erpressen lassen. Ich hoffe zumindest, dass es noch so viel Gefühl in Europa gibt". Das sagte Blüm in der Sendung "stern TV". "Wer da nicht Mitleid spürt, der hat ein Herz aus Stein, der ist unmenschlich." Die Verhältnisse vor Ort seien schwer auszuhalten: "Was ich eine Nacht kaum ausgehalten habe, das halten die hier zum Teil schon seit Wochen aus. Was müssen die eigentlich erlebt haben, dass die das hier durchhalten."

Insbesondere die europäische Politik ist Ziel von Blüms Kritik. "Europa hat 500 Millionen Menschen — wenn wir fünf Millionen aufnehmen würden, muss niemand besondere Leistungen erbringen." "Das sind Leute, die sind am ersaufen — und was macht das Europa? 28 Staatsmänner kommen zusammen und diskutieren zwei Nächte lang über die Sozialleistungen von Großbritannien, damit die bei Laune bleiben, während zugleich die Menschen im Mittelmeer ertrinken."

 Ein Flugblatt das mit "Kommando Norbert Blüm" signiert ist.

Ein Flugblatt das mit "Kommando Norbert Blüm" signiert ist.

Foto: dpa, tba

Zudem sei es ein Skandal, dass Geschäftemachen wichtiger sei, als den Menschen zu helfen. "Durchs Lager in Idomeni fährt regelmäßig ein Güterzug, der wird durchgelassen, während die Menschen eingesperrt sind. Das halte ich für pervers, das ist eine verrückte Welt. Güter haben Vorfahrt vor den Menschen, das kann nicht sein." Er wünsche sich vielmehr ein Europa, das solidarisch sei. "Ansonsten kann man den Laden auch schließen. Nur um Geschäfte zu machen, brauche ich kein Europa."

Noch einmal dementiert Blüm, etwas mit dem am Montag im Lager aufgetauchten Flugblatt mit dem mysteriösen Aufdruck "Kommando Norbert Blüm" zu tun zu haben. "Nichts habe ich mit dem Flugblatt zu tun und ich hätte auch den Ratschlag zu diesem Fluchtweg nicht gegeben. Aber wie verzweifelt muss jemand sein, so eine Fluchtroute zu wählen."

(felt)
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