Neuer „Tatort“ aus Köln Ballauf und Schenk im Horror-Ort Schule

Köln · Freddy Schenk und Max Ballauf haben es im neuen Kölner „Tatort“ mit Mobbing zu tun. Ein Schüler wird ermordet und auch Schenk selbst wird zum Mobbing-Opfer.

  Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, l.) und Freddie Schenk (Dietmar Bär) zeigen Jan Sattlers Lehrerin ein Foto des Toten.

Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, l.) und Freddie Schenk (Dietmar Bär) zeigen Jan Sattlers Lehrerin ein Foto des Toten.

Foto: dpa/Thomas Kost

Rückblickend verklären viele Menschen ihre Schulzeit, erinnern sich nur noch an die guten Freunde, die tollen Partys, die inspirierenden Lehrer, die viele Freizeit. Verklären funktioniert aber nur, indem man hässliche Teile ausblendet. Auf Schule bezogen wären das sicher Mobbing, Cliquenbildung, Liebkindmacherei, großer Gruppendruck oder dass es immer die Coolen gab und die Ausgegrenzten. Der neue Kölner „Tatort: Kein Mitleid, keine Gnade“ führt Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) an eine Kölner Schule, an der es ganz besonders schlimm zugeht.

Die nackte Leiche des 17 Jahre alten Abiturienten Jan Sattler wird in einem Waldstück nahe einer leerstehenden Villa gefunden, offenbar wurde er erschlagen. Schenk und Ballauf ermitteln in der Schule und stoßen auf viele mauernde Schüler. Kaum einer will wirklich etwas über Jan gewusst, ihn näher gekannt haben. Erst eine obszöne Schmiererei auf einem Kondolenzfoto schubst die beiden Polizisten in die richtige Richtung: Sattler wurde offenbar von Mitschülern heftig gemobbt, weil er schwul war.

An vorderster Front mit dabei: Nadine (in ihrer ekligen Bösartigkeit sehr sehenswert: Emma Drogunova), die „Schwuchtel“ in die Pausenhalle hineinkrakeelt, ihr Freund Lennart (bekannt aus „Dark“: Moritz Jahn) und Robin, der Nachwuchs-Fußballheld der Schule (Justus Johanssen). Keiner der drei lässt auch nur ein gutes Haar an Sattler oder Mitschüler Paul, der mit dem Opfer zusammen gewesen sein soll. Anderssein ist für die drei Jugendlichen, die eine seltsame und ziemlich kaputte „ménage à trois“ verbindet, bedrohlich und ein Makel.

Ausgrenzung und Häme gab es sicher immer schon an Schulen und wird es auch immer geben, „Kein Mitleid, keine Gnade“ spricht aber darüber hinaus ein sehr zeitgemäßes Thema an: Nadine behauptet, bei der Befragung auf dem Schulhof von Freddy Schenk angefasst worden zu sein; sie schreit, sie weint, und ihre Mitschüler zücken die Handys und filmen das Ganze. Die Filmchen landen im Netz und bei Schenks Vorgesetzten, auch seine Frau bekommt das mit. So wird Freddy Schenk, der in einem Fall von Mobbing ermittelt, selbst zum Mobbing-Opfer, fühlt sich hilflos und allein gelassen.

Einzig seinem Kollegen Ballauf und Assistent Jütte (Roland Riebeling) traut er noch wirklich. Dann und wann wünscht man sich im „Tatort“ eine Erzählschleife, einen Exkurs weniger. Hier sorgt die Episode um die falsche Anschuldigung aber dafür, dass es dem Zuschauer noch enger in der Brust wird, dass er sich noch intensiver mit der Frage auseinandersetzt, wie schnell jeder zum Opfer von Mobbing, Gewalt, Ausgrenzung oder übler Nachrede werden kann.

„In dieser Geschichte findet der Mord im Schutz der Dunkelheit statt. Doch das meiste, was sich ihre Figuren antun, geschieht im Schutz der Öffentlichkeit“, sagt Drehbuchautor Johannes Rotter. Auf dem Schulhof, im Internet, in der Pausenhalle, theoretisch für jeden zu sehen. Und so kleben nach 90 Minuten „Tatort“ aus Köln diverse Fragen im Kopf: Hatte man als junger Mensch und hätte man heute den Mumm, dagegenzuhalten, wenn jemand im Umfeld gemobbt wird? Ist man aufmerksam genug dafür, wie es den Menschen in diesem Umfeld geht? Und am schwierigsten: Wie korrekt verhält man sich selbst?

„Tatort: Kein Mitleid, keine Gnade“, So., Das Erste, 20.15 Uhr

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