So war der „Tatort“ aus Münster Alle für einen

Frank Thiel – ein Mörder? Das kann sich niemand vorstellen. Im neuen „Tatort“ aus Münster geht es trotzdem nur vordergründig darum, die Unschuld des Kommissars zu beweisen...

 Ist Frank Thiel (Axel Prahl, links) schuldig? Professor Boerne (Jan Josef Liefers) glaubt nicht daran...

Ist Frank Thiel (Axel Prahl, links) schuldig? Professor Boerne (Jan Josef Liefers) glaubt nicht daran...

Foto: dpa/Thomas Kost

Darum ging es Um einen Mord natürlich, und um Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl). Im Wald wird der tote Ex-Polizist Arne Hartnack (Artus Maria Matthiessen) gefunden – ein alter Bekannter von Thiel. Vor rund 20 Jahren hat der Kommissar den Kollegen überführt und ins Gefängnis gebracht, weil dieser seine Frau umgebracht haben soll. Und nun liegt Hartnack im Unterholz mit zwei Kugeln in der Brust. Im Verlauf der Ermittlungen fällt der Verdacht bald auf Thiel. Dass der sich nach einer durchzechten Nacht (zunächst) an nichts erinnern kann, macht die Sache nicht einfacher. Ohnehin ist Thiels Verzweiflung groß: Gerade hat er erfahren, dass sein Vater (Claus Dieter Clausnitzer) einen inoperablen Gehirntumor hat.
Außerdem geht es um Vergeltung: Arne Hartnack war unschuldig im Gefängnis – seine Ex-Frau hatte damals den eigenen Tod vorgetäuscht. Nach seiner Entlassung nun haben Hartnack und seine Tochter (Kim Riedle), die die behandelnde Ärztin von Thiel-Senior ist, ihren Rachefeldzug am Kommissar perfide geplant: Nicht nur lassen sie Thiel fälschlicherweise an die tödliche Krankheit seines Vaters glauben –  mit einer fiesen Droge, die nach wenigen Stunden im Körper nicht mehr nachweisbar ist, haben sie Thiel außerdem gefügig gemacht, um ihn dazu zu bringen, dass er Hartnack (er ist es, der wegen eines inoperablen Hirntumors ohnehin dem Tod geweiht ist) erschießt. Doch selbst das bringt Thiel – wie sich später herausstellt – nicht fertig. Unter Drogeneinfluss oder nicht: Thiel kann nicht töten.

Darum ging es wirklich: Um Freundschaft. Auch in Thiels größter Not verzichtet Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) nicht auf die üblichen Sticheleien gegen den Kollegen, lässt dann aber bei dem Vorhaben, dessen Unschuld zu beweisen, absolut nichts unversucht.
Auch wenn es beklemmend ist, Thiel dabei zuzusehen, wie er zunehmen an seinem Verstand (und seiner Unschuld) zweifelt – wirklich große Sorgen macht man sich um den Kommissar zu keiner Zeit. Denn erstens ist das immer noch ein Münster-“Tatort“. Und zweitens wird Thiel geradezu umspült von einer Sympathie-Welle derer, die nicht wahrhaben wollen, dass der sympathischste aller Antihelden ausgerechnet ein Killer sein soll. Sowieso ist Thiel der Einzige, der irgendwann glaubt, den Mord begangen zu haben. Sogar die dauergenervte Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) winkt ab.
Papa Thiel wiederum lässt sowieso nichts auf den Junior kommen: „Ich bin verdammt stolz auf dich!“ erklärt er, als er den Sohn im Gefängnis besucht. „Vadder, ich sitze wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft!“ Darauf der Vater: „Nobody is perfect!“
Boerne wiederum läuft zur Hochform auf, um dem Freund zu helfen. Und man glaubt ihm zum ersten Mal, dass er das nicht um der eigenen Reputation willen, sondern wirklich aus reiner Zuneigung zu seinem langjährigen Kollegen tut. Oder sagen wir: zu 90 Prozent.

Der denkwürdigste Moment findet dann trotzdem nicht zwischen Boerne und Thiel, sondern zwischen dem Professor und seiner Assistentin Alberich (Christine Urspruch) statt. Nachdem sie sich jahrelang von ihrem Chef hat piesacken lassen, wird in „Des Teufels langer Atem“ einmal mehr klar, wie sehr er auf sie angewiesen ist. „Alberich, ich kann nicht ohne Sie“, fleht Boerne, als er sie überreden will, für ihn in die Pathologie einzubrechen, und geht dann beinahe auf die Knie. Dass der Professor trotzdem alles besser weiß, versteht sich von selbst: „Alberich, wenn Sie einen Einbruch begehen, müssen Sie vorher Ihr Handy auf stumm schalten!“

Was wir gelernt haben: Basiswissen über Darreichungsform und Wirkungsweise von Rauschmitteln kann sehr nützlich sein, wenn man einer Mordanklage entgehen will. Von K.o.-Tropfen haben wir alle schon mal gehört, aber wussten Sie, dass Drogen auch ins Gesicht gepustet werden können, wenn man nebeneinander an der Theke sitzt? Andererseits bietet die Pandemie hier derzeit eine gewisse Sicherheit: Anderthalb Meter Abstand sollten die Übertragung erheblich erschweren – und in Kneipen geht man zurzeit ja ohnehin nicht mehr.

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