Auslaufmodell Nachmittags-Talk Mit "Britt" endet eine schauerliche Ära

Düsseldorf · Sat.1 hat mit "Britt" die letzte tägliche Talkshow aus dem Programm genommen. Reality-TV erzielt die besseren Quoten. Es ist das Ende einer Ära, um die niemand trauern muss.

Diese Daily-Talks sind Vergangenheit
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Mit "Britt — Talk um eins" verschwindet im Sommer das letzte Format einer einst extrem erfolgreichen Fernseh-Gattung vom Bildschirm: die tägliche Nachmittags-Talkshow. Anfang der 90er aus der Taufe gehoben, entwickelten sich die Quasselrunden schnell zu Quotenbringern mit Themen gerne unter der Gürtellinie und Gästen, deren Schlagfertigkeit nicht unbedingt gleichzusetzen war mit verbalen Fähigkeiten.

Affekt-Talks wurden diese Runden deshalb auch genannt, immer ging es um privates Erleben ("Vollzeit-Mama: Trotz Haushalt und Kindern bin ich sexy!") , um Liebe, Betrug, Verrat in den eigenen vier Wänden, vehement diskutiert von den Betroffenen, angeheizt von den Moderatoren.

Mangels prominenter Gäste waren die Gastgeber die Stars: Hans Meiser, Oliver Geissen, Bärbel Schäfer, Arabella Kiesbauer, Vera Int-Veen und eben Britt Hagedorn als letzte Vertreterin ihrer Art. Nur noch 1,14 Millionen Zuschauer schalteten bei "Britt" am Mittwoch (Thema: "Geständnis: Du bist nur ein Notnagel!") ein, das entspricht 12,3 Prozent Marktanteil — laut Sat.1 zu wenig.

Der Niedergang des Nachmittagstalks hängt eng zusammen mit dem Erfolg des Reality-Fernsehens. Tägliche Sendungen wie "Familien im Brennpunkt", "Mitten im Leben" oder "Familien-Fälle" zeigen mittlerweile in bewegten Bildern das, worüber bei den Talk-Shows nur geredet wurde — ein unschlagbarer Wettbewerbsvorteil. Dabei stört es offenbar nicht, dass die ausgestrahlten, meist nebensächlichen Skandale inszeniert sind, die Realität also "gescriptet", streng nach Drehbuch verläuft. Einer Spielhandlung zu folgen ist eben leichter als ein Gespräch zu imaginieren.

Auch bei "Britt" hat man sich zuletzt bemüht, mit der Konkurrenz Schritt zu halten, hat Einspielfilme eingestreut und zweifelnde Liebespaare zu Lügendetektortests überredet. Hauptsache Action. Gebracht hat es wenig. Zwölf Jahre war Britt Hagedorn auf Sendung, länger als alle anderen Kollegen, hat noch im Jahr 2011 einen durchschnittlichen Marktanteil von 19,6 Prozent erzielt. Dann kam der allmähliche Absturz. Die 41-Jährige soll aber laut Sat.1 auch nach dem Ende ihres täglichen Talks dem Sender erhalten bleiben.

So ganz verschwindet das Format des täglichen Talks allerdings nicht. Ab Herbst plaudert "Bauer sucht Frau"-Moderatorin Inka Bause im ZDF werktäglich um 15.05 Uhr mit Gästen über Gott und die Welt. Das Zweite kann sich dann damit herausreden, Vorreiter eines neuen Trends zu sein: Talk am Nachmittag.

(RP/pst)
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