„Erklärung in eigener Sache“ MDR retuschiert Bild von Hitler-Attentäter weg und entschuldigt sich in Live-Sendung

Dresden · Hunderte Menschen gingen am Samstag in Dresden auf die Straße und protestierten gegen eine gleichzeitig stattfindende Rechtsextremen-Demo. Der MDR hat darüber berichtet - und dabei ein Bild von Hitler-Attentäter Georg Elser wegretuschiert.

 Moderatorin Gesine Schöps führte durch die Sendung. Auf dem weißen Plakat war eigentlich das Bild von Georg Elser zu sehen.

Moderatorin Gesine Schöps führte durch die Sendung. Auf dem weißen Plakat war eigentlich das Bild von Georg Elser zu sehen.

Foto: Screenshot MDR

Dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) ist bei der Berichterstattung über eine Anti-Rechts-Demo am Wochenende in Dresden ein Fehler unterlaufen: Für den Bericht in der Sendung „Sachsenspiegel“ wurde von einem Banner der Demonstranten das Gesicht von Hitler-Attentäter Georg Elser wegretuschiert. Anstelle des Konterfeis des Attentäters, der kurz nach Kriegsausbruch 1939 einen Anschlag auf Hitler verübt hatte, war im TV-Beitrag am Samstagabend nur noch ein weißer Fleck zu sehen.

Nachdem der Sender via Twitter auf den Fehler aufmerksam gemacht wurde, äußerte sich die Redaktion und räumte ein, das Gesicht für den Beitrag entfernt zu haben. Der Sender erklärte ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst: „Der Grafiker hat auf der Suche nach einem Bild versucht, das Foto so zu bearbeiten, dass in den dafür vorgesehenen Rahmen passte. Das geschah ohne Rücksprache mit der Redaktion. Wir hätten aus redaktioneller Sicht diese Bearbeitung nicht geduldet.“

Der Vorgang sei besonders ärgerlich gewesen, weil „Hörfunk, Fernsehen und Online von MDR SACHSEN an diesem Tage sehr umfangreich von den Demonstrationen berichtet hat und damit auch ein Bild eines weltoffenen Dresden transportiert hat“, schrieb der MDR weiter. Der Vorgang wurde mit dem Grafiker ausgewertet. Am Ende des Tweets dann die Entschuldigung.

Im Kurznachrichtendienst Twitter hagelte es Kritik für die Retuschierung des Gesichts von Elser. Ein Nutzer, der den MDR auf den Fehler aufmerksam gemacht hatte, gab sich schließlich mit der Erklärung zufrieden und schrieb: „Danke für die Erklärung der Hintergründe, ich nehme die Entschuldigung gerne an. Gut, dass Sie die Grafik und die Redaktion für die Thematik sensibilisiert haben. Ich würde mich freuen, wenn Sie den Sachverhalt und Ihre Erklärung im heutigen Sachsenspiegel kurz erwähnen könnten.“

Am Montagabend nahm Moderatorin Gesine Schöps dann noch einmal Stellung zu dem Vorfall und räumte den Fehler auch vor dem Live-Publikum ein. „Und nun noch eine Erklärung in eigener Sache. Seit vorgestern sorgt diese Grafik unter Zuschauern für Unmut. Auf dem Foto fehlt ein wesentlicher Teil. Diese Retusche geschah ohne Rücksprache mit der Redaktion“, sagte Schöps.

Am Wochenende hatten Hunderte Menschen in Dresden gegen eine Kundgebung von Rechtsextremen anlässlich des 75. Jahrestag des Bombenangriffs auf die Stadt demonstriert. „Gemeinsam gegen den Rechtsruck in Europa“ war etwa auf Transparenten zu lesen. Pink gekleidete Demonstranten hielten etwa ein Pappschild mit der Aufschrift: „Lieber Paradiesvogel als Reichsadler“ hoch.

Gegen die aus ganz Deutschland und mehreren europäischen Ländern angereisten Rechtsextremen machten nach Schätzungen der Organisatoren deutlich mehr als 2000 Menschen allein in den beiden Protestzügen mobil. Dresden war vor 75 Jahren am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach von britischen und amerikanischen Bomben stark zerstört worden, bis zu 25.000 Menschen starben

Elser hatte den Anschlag auf Hitler 1939 am 8. November im Münchener Bürgerbräukeller geplant. Er hatte die Bombe so präpariert, dass sie kurz nach der Rede von Hitler explodierte. Hitler beendete die Rede allerdings früher als gedacht und verließ den Saal, die Bombe explodierte und tötete acht Menschen. Elser wurde festgenommen und 1945 im Konzentrationslager Dachau hingerichtet.

(mja)
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