Robert Habeck beim TV-Talk Maybrit Illner „Seehofer nimmt doch keiner mehr ernst“

Düsseldorf · Maybrit Illner fragte am Donnerstagabend im ZDF nach Gewinnern und Verlierern des vierwöchigen Streits um die Asylpolitik. Der Grüne Habeck geißelte die bayerische Partei als europafeindlich.

 Maybrit Illner mit Armin Laschet, Dorothee Bär, Manuela Schwesig, Robert Habeck und Kristina Dunz.

Maybrit Illner mit Armin Laschet, Dorothee Bär, Manuela Schwesig, Robert Habeck und Kristina Dunz.

Foto: Screenshot ZDF

Darum ging’s Maybrit Illner möchte am Abend im ZDF von vier Politikern und einer Journalistin wissen, wie ernst man die Parteien nach dem heftigen Streit ums Asyl noch nehmen könne. Außerdem sollen die den letztlich gefundenen Kompromiss bewerten und über die Zukunft der Kanzlerin spekulieren.

Darum ging’s wirklich Vor allem der Grüne Robert Habeck nimmt kein Blatt vor den Mund und teilt ordentlich in Richtung CSU aus. Auch die anderen Politiker haben wenig Positives über Horst Seehofer und sein Verhalten zu sagen. Einig sind sich die Talkgäste darüber, dass in Europa nach dem politischen Kompromiss in Deutschland noch eine Menge Arbeit wartet.

Die Gäste

  • Manuela Schwesig, SPD
  • Dorothee Bär, CSU-Staatsministerin
  • Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident, CDU
  • Robert Habeck, Bündnis 90/Grüne
  • Kristina Dunz, stellvertretende Chefin des Hauptstadtbüros der "Rheinischen Post”

Der Frontverlauf

Dorothee Bär verteidigt in der Sendung als erstes ihren Parteikollegen Seehofer, der nun mal „ein leidenschaftlicher Politiker“ sei. „Es heißt immer: Wir brauchen wieder Typen wie früher Strauß und Wehner. Aber wenn es dann mal ein bisschen lauter wird, ist jeder gleich erschrocken!“ Wichtig sei allein die Lösung des Konflikts. Ihre Gesprächspartner sehen das anders. Manuela Schwesig beklagt vor allem den Vertrauensverlust in der Bevölkerung, die das ganze Hin und Her mittlerweile unmöglich fände. Aktuelle Umfragen zeigten ja, dass eine Mehrheit mit der Regierung extrem unzufrieden sei. Man dürfe nicht, „ein ganzes Land in Geiselhaft nehmen, nur weil den drei Machos der CDU - Söder, Seehofer und Dobrindt - der Hintern auf Grundeis geht, weil sie vielleicht keine absolute Mehrheit in Bayern mehr haben.“

Der Grüne Habeck wird noch deutlicher: „Horst Seehofer nimmt doch keiner mehr ernst“, sagt er. Einziger Gewinner der Situation sei Dobrindt, den er als Drahtzieher im “Zentrum der Perfidität” sieht. Dobrindt werde mit seiner rechten Agenda gewinnen, wettert er und findet, auch die Union dürfe nicht zulassen, „dass Typen wie Dobrindt alternativlos für die deutsche Politik sind.“ Später kanzelt Habeck Dorothe Bär laut schimpfend ab: „Sie reden von einem Europa der Vaterländer, vom Ende des Multilateralismus!“ Das sei das „Ende eines Europas, wie wir es kennen. Das ist nicht europäisch. Sie können sich die Welt nicht machen, wie Sie ihnen gefällt. Sie können doch nicht sagen, dass Söder pro-europäisch agiert.“ Bär kontert, in Bayern bekomme sie durchaus positives Feedback, und insistiert: „Die CSU ist eine absolut pro-europäische Partei.“

Das sieht auch Kristina Dunz etwas anders: „Seehofer wollte die europäische DNA der Union verkaufen.“ Das mache die Situation auch für Angela Merkel so unberechenbar. Mit einem Innenminister, der sich so unsicher auf seinem Terrain bewege, werde es schwer für die Kanzlerin. „Die Kanzlerin hat mit aller Macht noch einmal abgewendet, dass ihr die Autorität entzogen wird“, sagt Dunz. Künftig aber werde die Situation eher noch schwieriger für sie.

Auf die Frage, warum sich die Kanzlerin Seehofers Verhalten so lange habe gefallen lassen, erklärt CDU-Vize Laschet: Merkel habe abgewogen, was auf dem Spiel stehe und angesichts der internationalen Lage entschieden, dass eine deutsche Regierungskrise derzeit unvertretbar sei. Dann lobt er seine Partei: „Die CDU Deutschlands ist heute geschlossener als noch vor vier Wochen.” Klar sei, dass Lösungen mit den europäischen Nachbarn und nicht ohne sie getroffen würden. Er räumt allerdings auch mit einer Dosis Selbsterkenntnis ein: „Wenn wir heute das gemeinsame Papier sehen, beschreibt es die geltende Rechtslage von vor vier Wochen.“ Viel habe sich da nicht verändert. Da könne man sich schon fragen, „ob es das wert war, was wir da losgetreten haben.“

Journalistin Dunz hat dazu eine klare Meinung: Es sei ein „Armutszeugnis“, wenn man nach derartigen vier Wochen ein Papier vorlege, das den Zustand von vor vier Wochen wiedergebe. Der CSU sei es vor allem um ein Symbol gegangen, kommentiert sie. Wäre von Anfang an klar gesagt worden, dass es bei dem ganzen Streit letztlich um vier Leute die pro Tag gehe, über die an drei Grenzübergängen entschieden würde, hätte sich Seehofer einigermaßen lächerlich gemacht.

„Nationalistische Regierungen sind nicht solidarisch“

„Welche Flüchtlingspolitik wird sich in Europa durchsetzen? Werden Probleme ausgelagert?“, will Maybrit Illner schließlich wissen. Einigungen mit den Nachbarn in Österreich, Italien und Ungarn über zurückzuführende Asylbewerber halten immerhin alle Gesprächspartner für nicht einfach. Habeck malt schwarz und wirft der CSU vor: „Ihre rechten Freunde in Ungarn, Österreich und Italien werden Ihnen da nicht helfen.“ Nationalistische Regierungen seien per Definition unsolidarisch und würden „einen Teufel tun“, die Flüchtlinge zurückzunehmen.

Laschet ist optimistischer: Zwar seien Einigungen mit nationalistischen Ländern schwer, wichtig sei aber solidarisch zu bleiben, indem man etwa auch den Italienern helfe, ihre Außengrenzen besser zu schützen. „Geben und Nehmen ist das Prinzip in Europa.“

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