TV-Nachlese "Maybrit Illner" "Wir produzieren die IS-Kämpfer nach wie vor selber"

Düsseldorf · Nach den Anschlägen von Paris und der Länderspielabsage in Hannover konzentriert sich die Frage darauf, wie der Terror durch den IS wirksam bekämpft werden kann. Im Talk von Maybrit Illner herrscht recht große Einigkeit – insbesondere darin, das Augenmerk auch auf die Bekämpfung der Ideologie der Terrormiliz zu lenken. Der Talk im Schnellcheck.

Maybrit Illner sprach mit ihren Gästen über die Strategien gegen den IS-Terror.

Maybrit Illner sprach mit ihren Gästen über die Strategien gegen den IS-Terror.

Foto: Screenshot ZDF

Nach den Anschlägen von Paris und der Länderspielabsage in Hannover konzentriert sich die Frage darauf, wie der Terror durch den IS wirksam bekämpft werden kann. Im Talk von Maybrit Illner herrscht recht große Einigkeit — insbesondere darin, das Augenmerk auch auf die Bekämpfung der Ideologie der Terrormiliz zu lenken. Der Talk im Schnellcheck.

Die Runde

Eingeladen hatte Illner Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die ruhig und sachlich erläuterte, wie die Bundesregierung — bislang — Frankreich im Kampf gegen den Terror unterstützen will. Der Deutsch-Franzose und Grüne Daniel Cohn-Bendit sprach vor allem für die Franzosen. ZDF-Terrorismusexperte Elmar Theveßen versuchte einen Einblick in die Strategie des IS zu geben — ebenso wie der syrische Journalist Aktham Suliman. Und die Dinslakener Religionslehrerin Lamya Kaddor plädierte leidenschaftlich auch für eine Bekämpfung der Ideologie des IS.

Darum ging's

"Angriff auf die Freiheit — wie bekämpft Europa den Terror?", lautete der Titel der Sendung. Auch die Deutschen, beginnt Maybrit Illner ihren Talk, lernen gerade, mit der Angst vor Terror zu leben. Und man müsse darauf hoffen, dass die Regierungen Neues finden, was gegen den Terror hilft, sagt die Moderatorin. Und was heißt es eigentlich, wenn die Kanzlerin Frankreich "jedwede Unterstützung" verspricht?

Darum ging's wirklich

Natürlich ging es zu Beginn der Sendung erst einmal um das abgesagte Länderspiel und die Aussage des Bundesinnenministers, wenn er Details dazu bekanntgebe, verunsichere das die Bevölkerung. Schließlich hatte Illner ein Kabinettsmitglied am Tisch und erhoffte sich sicherlich neue Erkenntnisse. Von der Leyen stützte de Maizière, denn er habe ja formuliert, dass es nicht klug sei, alle Details offenzulegen — und davon sei auch sie fest überzeugt.

Theveßen dagegen erklärte, vielleicht würden einige Details auch der Bevölkerung helfen, um wachsamer zu sein. Auch das offensichtliche Versagen der französischen Sicherheitskräfte, die einige Hinweise auf die Attentäter bekommen hatten, wurde erörtert. Ebenso wurde die Flüchtlingsfrage und die Frage nach Grenzschließungen angesprochen. Doch letztlich konzentrierte sich der größte Teil der Sendung dann doch auf die Frage, wie man den Terror bekämpfen kann.

Bemerkenswertester Gast

Die Islamwissenschaftlerin Kaddor machte gleich zu Beginn deutlich, dass sie sich nicht sicher fühle. Sie war es auch, die immer wieder die Fragen abseits militärischer und politischer Strategien stellte, um den Ursachen des Terrors durch den IS auf den Grund zu gehen. "Es ist ja nicht so, dass Fremde ins Land kommen, die sich hier in die Luft sprengen. Das sind Leute von hier, die wir wieder reimportieren", sagte sie.

Für sie ist es wichtig, vor allem bei den Jugendlichen anzusetzen, "damit es gar nicht erst so weit kommt", damit diese den IS nicht als Alternative sehen. "Wieso sprechen wir nicht darüber", "Was ist unser deutsches Leitbild?", "Allzulange können wir nicht mehr warten, wohin soll denn das führen?" — all diese Fragen stellte Kaddor. Und in Bezug auf die Lage im Irak und Syrien selbst fragte sie: "Stehen wir nicht auch in einer Verantwortung für die Menschen, die dort leben, dieser Region gegenüber?"

Der Analytiker

ZDF-Terrorexperte Theveßen hatte schon in den vergangenen Tagen im "Heute Journal" immer wieder die Strategie des IS erklärt. Bei Illner tut er dies erneut, sagt, dass der IS durchaus weiß, dass sich die Gesellschaften hierzulande leicht polarisieren lassen, und dass die Terrormiliz durchaus wisse, dass man mit der Flüchtlingsfrage vor einer großen Herausforderung stehe. Der IS sage sich: Das ist wunderbar, um die Stimmung aufzuheizen.

Er spricht dabei an, dass mindestens ein Terrorist unter den Flüchtlingen war und der IS gerade beabsichtigt, dass der Westen nun alle Flüchtlinge unter Generalverdacht stellt. In diesem Punkt stimmen Theveßen alle zu. Auch Theveßen sagt wie Kaddor, dass es den fruchtbaren Boden für die Ideologie des IS hier in Europa gebe. "Man muss sich um die jungen Leute kümmern und verhindern, dass sie Terroristen werden", sagt er und fügt später hinzu: "Wir produzieren die Kämpfer nach wie vor selbst.

Der ruhigste Gast

Ursula von der Leyen hielt sich in den Diskussionen zurück, ergriff hin und wieder das Wort, um etwas klarzustellen, was ihr wichtig erschien. Sie erklärte, dass man die Peschmerga weiter unterstützen wolle. Denn es brauche Bodentruppen im Kampf gegen den IS, aber lokale. Zudem soll Frankreich in Mali entlastet werden, wo die Bundeswehr ihr Engagement ausbauen will. "Wir prüfen nicht ob, sondern wie wir Frankreich im Kampf gegen ISIS unterstützen", sagte die Bundesverteidigungsministerin.

Satz des Abends

Der kam von Daniel Cohn-Bendit, der sich zwar immer wieder in der Sendung in langen Monologen verlor, aber hin und wieder punktgenau mit seinen Aussagen ins Schwarze traf. Besonders die CSU und ihre Forderung nach Grenzkontrollen regten ihn auf. Er berichtete, wie seine Eltern zur Nazi-Zeit in Frankreich als Flüchtlinge verhaftet worden waren — einfach weil sie Deutsche waren. Sie wurden unter Generalverdacht gestellt. Und genau das befürchtet er nun auch in Deutschland. "Wir dürfen Opfer nicht verdächtigen", sagte er und fügte hinzu: "Sie haben unsere Solidarität verdient und nicht solche dümmlichen Sprüche."

Erkenntnis

Die Runde war sich einig, dass es sowohl politische, diplomatische, militärische Mittel braucht, um den IS zu bekämpfen, aber dass auch in Europa selbst etwas getan werden muss, um Ideologie und Rekrutierung durch die Terrormiliz zu bekämpfen. Wie die Details aber aussehen — etwa ob mit Syriens Machthaber Baschar al-Assad oder nicht, ob mit Russlands Präsident Wladimir Putin oder nicht, ob Bodentruppen oder nicht — darüber herrschte auch bei Illner Uneinigkeit.

(das)
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